Die katholische Kirche
hat die neue „Orientierungshilfe“ des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) zur Familienpolitik kritisiert. Insbesondere die in dem Text verortete „Relativierung
der lebenslang in Treue gelebten Ehe“ bereite den katholischen Bischöfen Sorgen, sagte
der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst im Domradio-Interview. Tebartz-van
Elst ist Vorsitzender der Familienkommission der Deutschen Bischofskonferenz.
„Es
macht uns Sorge, dass Ehe hier gerade in ihrer unverwechselbaren Bedeutung geschmälert
wird. Es stellt sich zudem die Frage: Glaubt man selbst nicht mehr daran, dass Ehe
in lebenslanger Treue möglich ist? Ausgehend von der Heiligen Schrift, die uns mit
unseren evangelischen Schwestern und Brüdern verbindet, können wir besonders aus dem
Neuen Testament so viel ermutigende Impulse gewinnen, die uns überzeugen sollten,
dass es möglich ist, diesen Lebensentwurf als Abbild der Bundestreue Gottes zu den
Menschen zu leben. In diesem Sinne ist christlich gelebte Ehe und Familie in lebenslanger
Treue durchaus ein kontrastierender Lebensentwurf in einer Gesellschaft, die das zunehmend
anders sieht.“
Bei der Vorstellung des Papiers hatte der Ratsvorsitzende
der EKD, Nikolaus Schneider, betont, dass die traditionellen Formen, Ehe und Familie
zu leben, damit „überhaupt nicht in Frage gestellt“ würden. Vielmehr wolle das Papier
„die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen, wie sie ist“, und nicht „abgehoben“ oder „mit
erhobenem Zeigefinger“ über die Familie sprechen. Diese Position scheint dem Empfinden
der Bundesbürger zu entsprechen: Nach einer Erhebung des Instituts für Bevölkerungsforschung
sehen 88% der Befragten in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Kindern
eine Familie. Dem gegenüber stehen gemischtgeschlechtliche, traditionelle, Ehepaare,
die keine Kinder wünschen. Tebartz-van Elst will hier vor allem durch gelingende Beispiele
einer Ehe nach katholischem Verständnis einwirken:
„Indem wir deutlich machen,
was gerade das Unverwechselbare von christlich gelebter Ehe und Familie ist: Als Sakrament
ist die Liebe und Treue der Ehepartner Zeichen für die dauerhafte Liebe und Treue
Gottes zu uns Menschen. Auch die Offenheit für Nachkommenschaft, die Möglichkeit,
Kindern das Leben zu schenken, ist nun einmal etwas Wesenhaftes für christliche Ehe
und Familie. Darin erleben Ehen und Familien einen Zugewinn, sie erfahren Verbundenheit,
Verlässlichkeit und vorbehaltlose Solidarität. Auf alle diese Aspekte können wir von
unserer Glaubensüberzeugung her nicht verzichten. Ich sehe es als eine Aufgabe der
Katholischen Kirche, diese Überzeugungen immer wieder zu begründen, damit sie nachvollziehbar
und verständlich werden, auch durch überzeigende Beispiele und Zeugnisse gelingender
christlicher Ehe und Familie.“
Doch gleichzeitig sei die katholische Position,
so Tebartz-van Elst, nicht in verkrusteten Denkstrukturen verhaftet, die mit dem Zeitgeist
nicht mehr mithalten könnten. Vielmehr gehe es darum, Begebenheiten wahrzunehmen und
auf sie zu reagieren, ohne dabei das als richtig Erkannte zu relativieren:
„Die
Katholische Kirche sieht sehr wohl, dass Ehen auch scheitern können. Wir sehen eine
große pastorale Verantwortung darin, Hilfestellung in der Ehevorbereitung und Ehebegleitung
zu geben, damit lebenslanges Miteinander in Treue auch gelingen kann. In der Ehe-,
Familien- und Lebensberatung stellen wir die notwendige personelle und auch finanzielle
Unterstützung bereit. Bei allen Schwierigkeiten, die es sicher gibt, vor den wir die
Augen nicht verschließen und bei denen wir auch als Katholische Kirche eine hohe pastorale
Verantwortung sehen, dürfen wir auch dankbar erleben, dass Ehe in lebenslanger Treue
zwischen Mann und Frau in ihrer Offenheit für Nachkommenschaft möglich ist. Diese
Zeugnisse gelingender Ehe gilt es stärker bekannt und bewusst zu machen.“
Positiv
an dem EKD-Papier sei für Tebartz-van Elst, dass es den Beitrag der Familien zur Gesellschaft
ausdrücklich würdige und herausstelle, dass dies auch politisch mehr Unterstützung
verdiene. „In diesem Anliegen sind wir beieinander“, so der Bischof. Im ökumenischen
Gespräch gelte es nun, diese Themen aufzugreifen und sie auf der biblischen Grundlage
zu interpretieren.