Militärpfarrer in Syrien: „Artillerie statt Orgelmusik“
Der syrische Bürgerkrieg
weitet sich zunehmend auch Richtung Israel aus. Dabei ist inzwischen auch die von
UNO-Truppen bewaffnete Pufferzone bei den Golanhöhen von den Auseinandersetzungen
betroffen. Über die unübersichtliche Lage berichtete jetzt der letzte österreichische
Militärseelsorger, Pater Raphael Kaspar, im Gespräch mit Kathpress. Nachdem zwei Soldaten
der UNO-Mission verletzt worden waren, hatte Österreich in der vergangenen Woche den
Abzug seiner Blauhelmsoldaten vom Golan angekündigt. Kaspar berichtete über den alltäglichen
Krieg:
„Dass hat sich auf uns so ausgewirkt, dass wir fast tagtäglich Augen-
oder Ohrenzeugen wurden der brutalen Kämpfen des Krieges in diesem Land. Und man hörte
auch, wie da wieder zurückgeschossen wurde, die Granaten…. Die syrische Armee ging
in die Richtung der Zone, wo sich die Rebellen verschanzt haben. Diese Zone muss man
sich vorstellen wie ein Schachbrett – einerseits die Regimetreuen, andererseits die
Rebellen.“
Die Kämpfe hätten sich zum Teil innerhalb der von den UNO-Truppen
bewachten Pufferzone zwischen Israel und Syrien abgespielt, zum Teil auch knapp außerhalb.
Rebellen hätten sich in Dörfern verschanzt, die syrische Armee habe diese mit Artillerie
beschossen. Die Situation sei unübersichtlich gewesen, so Kaspar. Einige Dörfer dürften
auch noch von regimetreuen Verbänden gehalten worden sein, diese seien aber nicht
in regulären Uniformen aufgetreten. Kontakt zur einheimischen Bevölkerung vor Ort,
sofern diese überhaupt noch da war, hätten die österreichischen Soldaten zuletzt nicht
mehr gehabt. Der Geistliche betreute die österreichischen Soldaten - und zum Teil
auch ein kroatisches Bataillon - neun Monate lang.
„Ich musste mich erst
dran gewöhnen, dass man tagtäglich mit solchen Sachen konfrontiert wird, weil es ja
anders ist als der Alltag bei uns zu Hause. Und in so einer Situation erlebt man das
Ganze – zum Beispiel Weihnachten oder eine Firmung - anders, das ist ja eine außerordentliche
Situation. Ich habe fünf Soldaten firmen dürfen, der Militärbischof hat mir die Erlaubnis
gegeben. Und dann sind dann Feiern, die sind in so einem Kontext anders als zu Hause
– wenn im Hintergrund die Artillerie zu hören ist, ist das natürlich eine andere Musik
als die Orgel.“
Beeindruckt zeigte sich der Seelsorger vom Zusammenhalt
in der Truppe. Das sei auch der beste Umgang mit der Bewältigung des Einsatzstresses
gewesen, so Kaspar.
„Es war mir eine Ehre, für sie da sein zu dürfen, weil
ich auch wirklich viele selbstlose Soldaten gesehen habe. Leute, die sich selbst zurücknehmen,
um für andere da zu sein oder einfach auch nur Kamerad zu sein. Am Wichtigsten ist
ja dann wirklich dieser Zusammenhalt, auch von den Leuten in den Betreuungseinrichtungen,
wo man miteinander redet. Das ist der beste Ort der Bewältigung dieses Stresses, und
da ist man als Militärseelsorger mit dabei und vermittelt und spricht die Leute an.“
Mit der Aufgabe des Golans gibt es nunmehr noch drei Seelsorgebereiche
in Einsatzgebieten des Bundesheeres - im Libanon, im Kosovo und in Bosnien, zusätzlich
zu den 16 auf die Bundesländer verteilten Militärpfarren. Die Waffenstillstandslinie
zwischen den von Israel besetzten Golanhöhen und Syrien wird von der UNO bereits seit
1974 bewacht. Die österreichischen Soldaten machten etwa ein Drittel der Undof genannten
Mission aus. Vor Österreich hatten bereits Kanada, Japan und im März auch Kroatien
ihre Soldaten abgezogen, die wichtigsten UNDOF-Truppensteller sind nun die Philippinen
und Indien.