EU/Italien: Gesetzespaket zum Asylverfahren geht an Realität der Bootsflüchtlinge
vorbei
Die EU-Bischofskommission
COMECE begrüßt das neue Gesetzespaket zum EU-Asylsystem. Die am Mittwoch vom EU-Parlament
in Straßburg verabschiedete Neuregelung könne zu einem nützlichen Instrument werden,
um jene zu schützen, die gemeinsam mit ihren Familien in Drittstaaten verfolgt würden,
sagte COMECE-Sprecherin Johanna Touzel in Brüssel. Der Italienische Flüchtlingsdienst
(CIR) zeigte sich dagegen über das Paket „insgesamt eher enttäuscht“. Für CIR-Direktor
Christopher Hein geht die Neuregelung, die von den EU-Staaten innerhalb von zwei Jahren
in nationales Recht überführt werden sollen, an der Realität der Mittelmeerflüchtlinge
vorbei.
„Denn was das Besorgniserregendste ist in diesem ganzen Paket: Dass
überhaupt nicht darüber gesprochen wird, wie man nach Europa reinkommt, wie man in
das Asylverfahren reinkommt, wie man einen Zugang zum Rechtsschutz hat. Das ist eine
Frage, die total ausgeklammert ist: Also die Frage der Ankünfte über das Mittelmeer
per Boot aus Nordafrika oder aus dem vorderen Orient oder aus Griechenland ist absolut
nicht tangiert worden von diesem neuen Gesetzespaket.“
Ebenso wenig seien
im Gesetzespaket Vorschriften für die Integration der Flüchtlinge und Asylbewerber
vorhanden, so Hein weiter. In Italien, wo es praktisch kein Integrationsprogramm gebe,
wäre für eine solche Anregung etwa großer Bedarf gewesen. Ziele der EU-Neuregelung
sind schnellere und gerechtere Verfahren von Schutzsuchenden. In der Tat würden die
Rechte etwa von Folteropfern und von minderjährigen Flüchtlingen gestärkt, merkt Hein
positiv an. Allerdings setze das Paket in einem anderen Bereich ein negatives Signal:
„Auf der anderen Seite sehen wir mit Besorgnis, dass die Möglichkeit der
Inhaftierung von Asylbewerbern - mit bestimmten Garantien zwar, aber insgesamt - ausgeweitet
wurde, vor allem in der Richtlinie über die Aufnahme von Asylbewerbern. Wo man sich
denken könnte: gut, eine Aufnahme ist eine gute und notwendige Sache, behandeln vier
Artikel nur die Bedingungen und Voraussetzungen von Inhaftierung von Asylbewerbern.“
Eine
einheitliche Regelung in Anbetracht der notwendigen Rechte und Garantien für Asylbewerber
und Flüchtlinge sei nicht gefunden worden, zwischen den Zielen auf EU-Ebene und den
Interessen der einzelnen Ländern klaffe eine Lücke:
„Wir sehen mit Sorge,
dass diese viel weitergehenden und großzügigeren Vorschläge, die die EU-Kommission
gemacht hat in vielen Gesichtspunkten nicht von den Regierungen, die im Rat der Europäischen
Union vertreten sind, angenommen wurden. Das heißt wir haben ganz klar zwei Tendenzen
– eine mehr offene und liberale Tendenz der EU Kommission und des EU Parlaments und
auf der anderen Seite die Regierungen, die stark gebremst haben.“
Das Gesetzespaket
war notwendig geworden, weil innerhalb der EU große Unterschiede bezüglich der Rechte
von Asylbewerbern und der Standards der Aufnahme bestehen.