„Die Tür ist immer offen“: So reagiert der Vatikan auf das Angebot der al-Azhar-Universität
in Kairo, den Dialog wiederaufzunehmen. „Ich hatte im Lauf der Zeit mehrere Versuche
unternommen, wieder in Kontakt zu kommen“, sagte Kardinal Jean-Louis Tauran der Nachrichtenagentur
afp. Aber „das Problem liegt nicht auf unserer Seite“, so der Leiter des vatikanischen
Dialogrates wörtlich. Die al-Azhar-Universität hatte 2011 ihre Gespräche mit dem Vatikan
unterbrochen, vor wenigen Tagen hingegen eine mögliche Wiederaufnahme angedeutet.
Mit der Wahl von Papst Franziskus sei eine neue Situation eingetreten, sagte der diplomatische
Berater der wichtigsten sunnitischen Lehrstätte, Mahmud Abdel Gawad, der italienischen
Tageszeitung „Il Messaggero“. „Wir hatten Probleme mit dem früheren Papst, nicht mit
dem Vatikan. Jetzt stehen die Türen der al-Azhar wieder offen“, so Gawad.
An
diesem Samstag bekräftigte ein Statement der Azhar, eine Wiederaufnahme des Dialogs
hänge „von positiven und ernsthaften Schritten ab, die deutlichen Respekt vor dem
Islam und den Muslimen zeigen müssen“. Das berichtet die ägyptische Nachrichtenagentur
Mena. Franziskus habe noch nicht auf eine Glückwunschbotschaft der Azhar-Universität
zu seiner Wahl im März reagiert.
2011, kurz vor dem Sturz Mubaraks, hatte
sich die Universität über Rufe von Papst Benedikt XVI. nach einem besseren Schutz
für die koptische Minderheit geärgert. Sie wertete diese als Einmischung in die inneren
Angelegenheiten des mehrheitlich islamischen Landes. Dem Appell des damaligen Papstes
vorausgegangen war ein Massaker an christlichen Kopten nach dem Neujahrsgottesdienst
in Alexandria.
Die Muslime warteten nun auf ein Zeichen von Papst Franziskus,
so Abdel Gawad: „Wenn er in einer Rede sagt, dass der Islam eine Religion des Friedens,
dass die Muslime weder Krieg noch Gewalt suchen, wäre das schon ein Fortschritt.“
Eine Gelegenheit dazu biete etwa der bevorstehende muslimische Fastenmonat Ramadan,
zu dem der Papst traditionell eine Botschaft an die Muslime sendet. Der Diplomat nannte
es zudem eine „sehr, sehr hochgeschätzte Geste“, dass Franziskus bei seinem Gefängnisbesuch
am Gründonnerstag die rituelle Fusswaschung bei einer muslimischen Inhaftierten vollzogen
habe. Die al-Azhar-Universität ist eine der ältesten der Welt und stellt die wichtigste
Autorität im sunnitischen Islam dar.
Ausgesprochen besorgt äußerte sich
Kardinal Tauran über die Lage im Libanon: Dieses Land, „das habe ich von Anfang an
gesagt“, wird „die Rechnung zahlen müssen“ für den blutigen Konflikt in Syrien. Der
Flüchtlingsansturm aus Syrien stelle das innere Gleichgewicht des Libanon auf eine
harte Probe; beunruhigend sei, dass sich „Milizen aller Art“ bildeten. Tauran wörtlich:
„Retten wir den Libanon, um die Christen zu retten, und nicht: Retten wir die Christen,
um den Libanon zu retten! Der Libanon ist ein Schatz an interreligiösem Dialog und
Zusammenleben.“