2013-06-08 11:10:12

D: „Genug Raum für Schweigen und Gebet?“


Eine gemischte Bilanz der Gottesdienstreformen in der katholischen Kirche haben die Kardinäle Karl Lehmann und Walter Kasper gezogen. Bei einer Debatte über die Reformbeschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sagte Lehmann am Freitag in Köln: „Wir müssen uns fragen, ob wir in der erneuerten Messe genügend Raum gelassen haben für das Schweigen und das persönliche Gebet.“ Das sei bei allen positiven Veränderungen vielleicht übersehen worden. Kurienkardinal Kasper erklärte, der Charakter des österlichen Opfers sei leider in den Hintergrund getreten. Dennoch seien die Reformen ein wichtiger Schritt gewesen. Die Konzilstexte müssten heute neu gelesen und übersetzt werden; sie seien vor 50 Jahren in einem „ganz anderen historischen Kontext“ entstanden. Auf die mögliche Agenda eines möglichen Dritten Vatikanischen Konzils angesprochen sagte Lehmann, die Kirche müsse sich stärker damit auseinandersetzen, dass viele Menschen heute meinten, ohne den Glauben an Gott leben zu können. Die Gottesfrage sei drängender, als man dies beim letzten Konzil gesehen habe, so der Mainzer Bischof. Kasper betonte, die Kirche müsse mehr synodale Elemente, also parlamentarische Entscheidungsprozesse, zulassen. Damit solle die kirchliche Hierarchie nicht ersetzt, aber ergänzt werden.

Die Deutsche Bischofskonferenz erinnerte am Samstag mit einem Festakt an das 50-jährige Bestehen der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils: Am 4. Dezember 1963 verabschiedete das Konzil das Dokument „Sacrosanctum Concilium“ über die Liturgie der katholischen Kirche. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, erinnerte an die lebendige Bedeutung des Konzilsdokumentes auch für die Kirche im 21. Jahrhundert. Beim Konzil und heute stehe im Mittelpunkt die Frage, was es heißt „als Kirche und einzelner Christ in der Welt und für die Welt zu wirken, die Logik der Welt zu kennen und konsequent in der Logik Gottes zu leben.“ Der Sendungsauftrag Jesu, den das Konzil zur Grundlage gemacht habe, erinnere die Kirche heute daran, „dass sie nicht von der kleinen Herde der Gerechten träumen darf, sondern sich immer wieder aufmachen muss zu den Menschen – auch an die ‚äußeren Ränder‘“, wie es Papst Franziskus sage. Die Würdigung der Liturgiekonstitution sei aber nicht nur eine Feier für ein einzelnes Dokument der Bischofsversammlung: „Es soll vielmehr darum gehen, uns dem Grundanliegen der Erneuerung des christlichen Glaubens und der Sendung der Kirche neu zu stellen und dieses Grundanliegen tiefer zu verstehen, um es auch für gegenwärtiges Handeln und Entscheiden fruchtbar zu machen.“

Der Vorsitzende der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Joachim Meisner, bezeichnete es als wesentliches Moment der Bemühungen des Konzils, „den Gottesdienst und damit verbunden den Heiligungsdienst der Kirche – also die Liturgie – aus ihrem Wesen heraus zu erneuern.“ Das bedeute, das liturgische Beten der Kirche für den einzelnen Gläubigen nachvollziehbar und mitvollziehbar zu machen, sodass es lebensbestimmend werden könne. Geistliches Nachvollziehen und praktisches Mitvollziehen greife ineinander. Dies „war und ist das Bemühen liturgischer Erneuerung, und das eine fördert jeweils das andere.“

(kipa/pm 08.06.2013 pr/sta)








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