Schweiz: Bistum Chur kritisiert Zürcher Regierungsrat
Das Bistum Chur hat Äußerungen des Zürcher Regierungsrates Martin Graf kritisiert,
der das Bistum und den Papst als „rückständig“ apostrophierte. Graf ist Justizdirektor
des Kantons Zürich. Er äußerte sich an der Pressekonferenz der katholischen Kirche
im Kanton Zürich zum 50-Jahr-Jubiläum der öffentlich-rechtlichen Anerkennung der Zürcher
Katholiken. In seiner Rede hatte Graf nach einem Lob für die Bemühungen der Zürcher
Katholiken um „eine Modernisierung ihrer Kirche“ Chur und Rom als „geschützte Werkstatt“
bezeichnet, „wo offenbar die Zeit im späten Mittelalter stehen geblieben“ sei. „Die
Rückständigkeit und permanente Verweigerung, gesellschaftliche Realitäten anzuerkennen,
hat bekanntlich der Katholischen Kirche weder in der Schweiz noch global viel Ruhm
eingetragen“, so der Regierungsrat, der der grünen Partei angehört.
Für die
Bezeichnung „geschützte Werkstatt“ müsse sich der Regierungsrat entschuldigen, forderte
der Churer Generalvikar Martin Grichting. Damit habe Graf „indirekt den Bischof von
Chur und Papst Franziskus als Behinderte“ bezeichnet, so Grichting gegenüber der „NZZ
am Sonntag“. Bislang sei noch kein Schreiben an den Regierungsrat mit der Aufforderung,
sich zu entschuldigen, aufgesetzt worden, sagte Bistumssprecher Giuseppe Gracia am
Sonntag gegenüber der Presseagentur Kipa.
Regierungsrat wirft Kirche
Verstoß gegen Grundrechte vor Graf sagte am Freitag weiter, es sei für
ihn unverständlich, „weshalb die Kirchenoberhäupter von Chur oder Rom meinen, weiterhin
an verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten vorbei predigen zu können, welche
für die gesamte Bevölkerung gesellschaftliche Richtschnur sind“. Gegenüber dem „Sonntagsblick“
sagte Graf auf Nachfrage, seine Kritik richte sich ausschließlich gegen die Haltung
des Bischofs von Chur und des Papstes. Der Zölibat, die „Verweigerung der Priesterweihe
für Frauen“, die Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Paare und die „Weigerung,
geschiedene Paare wieder zu vermählen“ verstoßen aus Sicht des Regierungsrates gegen
die in der Bundes- und Kantonsverfassung verbrieften Grundrechte.
Bischof
wirft Graf „totalitäre Gesinnung“ vor Der Churer Bischof Vitus Huonder
zeigte sich gegenüber dem Sonntagsblick „entsetzt“ über diese Aussagen. Er fühle sich
in die Zeit des Kulturkampfes zurückversetzt, so Huonder. „Der Staat mischt sich in
innere Belange der Kirche ein und maßregelt sie, wenn sie an etwas glaubt und festhält,
was dem Staat nicht genehm ist.“ Dies sei ein „Angriff auf die Religionsfreiheit“.
Huonder bezeichnete die Aussagen von Graf als „Ausdruck einer totalitären Gesinnung“
und möchte wissen, wie die Zürcher Gesamtregierung dazu steht. Die katholische Kirche
im Kanton Zürich wollte am Sonntag gegenüber Kipa keine Stellung nehmen zu der Angelegenheit.