Die Stadt Oran in Algerien ist als bedeutende Industriestadt bekannt. Direkt am Hafen
gelegen ist Oran allerdings nicht nur Dreh- und Angelpunkt für den Handel – auch viele
Flüchtlinge aus der Südsahara oder aus Mali landen in der Stadt, die nach der Hauptstadt
Algier die zweitgrößte des Landes ist. Um die Einwanderer, die hier stranden, kümmert
sich u.a. Schwester Sandra Catapano von den Missionsschwestern Unserer Lieben Frau
von den Aposteln. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet sie:
„Unsere
Arbeit hier ist ein Werk der Nächstenliebe. Zunächst einmal versorgen wir gesundheitliche
Notfälle. Daraus entwickelt sich dann auch ein seelsorgerischer Dienst, je mehr uns
die Leute kennen lernen und wir eine Beziehung zueinander aufbauen. Dann bitten uns
viele auch darum, dass wir ihnen helfen, zu beten und zu Gott zu finden. Das ist für
uns eine große Freude, denn hier gibt es sehr viele Probleme.“
Schwester
Sandra ist Teil eines achtköpfigen Teams: Gemeinsam mit zwei weiteren Schwestern aus
anderen Orden, dem örtlichen Pfarrer und vier Einwanderern aus Kamerun besucht sie
die Einwandererfamilien, die sehr oft in großer Sorge um ihre kranken Verwandten sind.
Vor allem schwangere Frauen und auch Aidskranke suchen Hilfe, berichtet Schwester
Sandra. Daraus ergibt sich dann oft eine Freundschaft und die Einwanderer nähern sich
dem Glauben an, besuchen zum Beispiel die Kirche.
„Unsere Gemeinde besteht
übrigens gar nicht nur aus Katholiken: Wir sind eine wirklich im Herzen ökumenische
Kirche! Wer möchte, der besucht unsere Gottesdienste und dann haben wir noch einige
‚Extra-Gebets-Momente’ für die Protestanten, die ihre Gebete dann in anderen Momenten
fortsetzen können“, erklärt Schwester Sandra. Der Glaube gebe vielen Kraft. Doch
die Lage in Nordafrika bleibt schwierig:
„Ich habe in der Elfenbeinküste
und in Nigeria die wunderschöne traditionelle afrikanische Kultur kennen gelernt.
Aber wenn die Einwanderer hier ankommen, nach ihrer Reise durch die Wüste und mit
all den Problemen und der Gewalt, die sie erfahren haben, dann ist das ein Afrika,
das seine Werte verloren hat.“
Da nach den Auseinandersetzungen in Mali
und Libyen die Grenzübergänge geschlossen wurden, gebe es nun für viele Flüchtlinge
keine Möglichkeit mehr, zurückzukehren. Doch Schwester Sandra sieht auch eine positive
Entwicklung: Mittlerweile würden Regierung und Polizei die Einwanderer nicht mehr
abschieben. Das mache sich auch in den Gemeinden bemerkbar:
„In den vergangenen
zehn Jahren hat sich das Gesicht der Kirche aufgrund der ‚Einwanderungströme’ verändert.
Es kommen nicht mehr nur Einwanderer aus der Subsahara, sondern auch viele, die Arbeit
suchen, weil hier große Industrien sind. Es gibt auch sehr viele Studenten aus allen
möglichen Kulturen und Religionen. Wir verbreiten hier die Botschaft: Gott will uns
alle als eine Familie. Das versuchen wir hier zu leben und so bezeugen wir auch gegenüber
den Muslimen unseren Glauben: Nicht mit Worten sondern damit, wie wir leben.”
Dialog
gehöre dabei zum Alltag, betont Schwester Sandra:
„Zum Beispiel bei der
Hilfe für die Armen oder bei der Zusammenarbeit mit den Oberschichten, die im gesellschaftlichen
Bereich sehr gut mit uns zusammenarbeiten, ohne sie könnten wir nichts machen, doch
Dank ihnen können wir gut arbeiten. Es gibt also diesen Dialog im Leben, der dann
zu Freundschaft wird und darüber hinaus zu einer sehr starken spirituellen und menschlichen
Bindung. Außerdem treffen wir uns beispielsweise auch mit Sufi-Gruppen, den muslimischen
Mystikern, die hier in Orano sind.“