Die Mehrheit der syrischen
Opposition ist gegen Demokratie. Das sagte der Chef der UNO-Untersuchungskommission
zu Syrien, Paulo Pinheiro, am Mittwoch zu Journalisten in Paris. Nach Einschätzung
des brasilianischen Diplomaten bringe der Bürgerkrieg in Syrien immer schlimmere Gräueltaten
zum Vorschein. Inzwischen sind nach offiziellen Angaben der Vereinten Nationen bereits
über 1,6 Millionen Syrer in die Nachbarländer geflohen. Dies könnte die ethnischen
und religiösen Strukturen in der gesamten Region negativ beeinflussen und die Lage
im Nahen Osten noch weiter verschlimmern. Das sagt gegenüber Radio Vatikan der Islam-
und Nahost-Experte Jesuitenpater Samir Khalil Samir, der an der Universität Beirut
doziert.
„Viele Menschen im Libanon sind besorgt, weil der Konflikt in Syrien
immer mehr zu einer Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten wird. Das sind
die zwei Hauptströmungen im Islam. Im Libanon macht sich das auch bemerkbar, indem
die schiitische Hisbollah sich aggressiver als zuvor gegen die sunnitischen Libanesen
verhält. Im Norden des Libanon – also in der Stadt Tripoli – gibt es bereits jeden
Tag Scharmützel mit Toten. Auch im Süden Beiruts gibt es Gewaltakte. Das sind alles
Anzeichen, die ernst zu nehmen sind.“
Die Gewaltwelle in Syrien sei aber
nicht nur für den Libanon und die syrischen Nachbarländer ein Problem, so Pater Samir
Khalil.
„In der gesamten arabischen Welt gibt es heute mehr Kontraste und
Konflikte als jemals zuvor. Grund hierfür ist die Radikalisierung des Islam in der
gesamten Region. Das ist das Grundproblem in der arabischen Welt, das man eigentlich
angehen müsste. Da kommt es nicht mehr darauf an, ob man im Irak, in Ägypten oder
in Syrien ist. Diese Radikalisierung hat ihre Wurzeln auch in der Haltung Israels
und dessen westlicher Verbündeter, zum Beispiel in Bezug auf besetzte Gebiete wie
beispielsweise die Golanhöhen, die eigentlich vom internationalen Recht her zu Syrien
gehören.“
Hintergrund Größtes Aufnahmeland syrischer Flüchtlinge
ist weiterhin Jordanien mit 491.912 registrierten oder auf Registrierung wartenden
syrischen Flüchtlingen. Mit 495.776 Flüchtlingen folgt der Libanon, der selbst nur
vier Millionen Einwohner zählt. Auf dem dritten Platz liegt die Türkei mit 377.154
aufgenommenen Syrern. 51,4 Prozent der Schutzsuchenden sind jünger als 18.