Papstpredigt zum Fronleichnamsfest: Nachfolge, Gemeinschaft, Teilen
Wir dokumentieren in einer Arbeitsübersetzung die Predigt des Papstes zum Fronleichnamsfest:
Im
Evangelium, das wir gehört haben, gibt es einen Ausdruck Jesu, der mich immer schon
beeindruck hat: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Von diesem Satz ausgehend möchte ich mich
von drei Worten leiten lassen: Nachfolge, Gemeinschaft, Teilen.
Vorab: Wer
sind diejenigen, denen er zu essen gibt? Die Antwort finden wir zu Beginn des Evangeliums.
Jesus ist in der Mitte der Menschen, er nimmt sie an, er spricht zu ihnen, er kümmert
sich um sie, er zeigt ihnen die Barmherzigkeit Gottes; in dieser Menge lädt er die
zwölf Apostel ein, bei ihm zu bleiben und wie er in die konkreten Situationen der
Welt einzutauchen. Und das Volk folgt ihm, hört ihm zu, denn Jesus spricht und handelt
auf eine neue Art und Weise und mit einer Autorität, die authentisch und kohärent
ist. Von dorther spricht und handelt er in Wahrheit, von da her gibt er die Hoffnung,
die von Gott kommt, von da her kommt die Offenbarung des Angesichtes eines Gottes,
der Liebe ist. Und das Volk lobt und preist Gott mit Freude.
Heute Nachmittag
sind wir das Volk des Evangeliums, auch wir wollen Jesus nachfolgen um Ihn zu hören,
um in die Gemeinschaft mit Ihm in der Eucharistie einzutreten, um Ihn zu begleiten
und von Ihm begleitet zu werden. Fragen wir uns: Wie folge ich Jesus? Jesus spricht
in der Stille des Geheimnisses der Eucharistie zu uns und erinnert uns immer wieder
daran, dass Ihm nachfolgen bedeutet, aus uns selbst heraus zu gehen und aus unserem
Leben nicht unseren Besitz zu machen, sondern ein Geschenk an Ihn und an die Nächsten.
Gehen
wir einen Schritt weiter: Von woher kommt die Einladung, die Jesus an die Jünger ausspricht,
die Menge zu ernähren? Sie entsteht aus zwei Elementen: Vor allem aus der Menge die
Jesus nachfolgend sich im Freien wiederfindet, weit weg von bewohnten Orten, während
es Abend wird. Und dann aus der Sorge der Jünger, die Jesus bitten, die Menge zu entlassen
so dass alle in die näheren Dörfer gehen, um Essen und Unterkunft zu finden.
Angesichts
der Bedürfnisse der Menge ist das die Lösung der Jünger: Jeder denke an sich selbst;
die Menge solle entlassen werden! Wie oft haben wir Christen diese Versuchung! Wir
nehmen uns der Bedürfnisse der Nächsten nicht an und entlassen sie mit einem frommen
„Gott möge dir helfen!“ Die Lösung Jesu aber geht in eine andere Richtung, und
zwar in eine Richtung, die die Jünger überrascht: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Aber
wie sollen wir solch einer Menge zu essen geben? „Wir haben nur fünf Brote und zwei
Fische, außer wir gehen und kaufen Lebensmittel für alle diese Menschen“. Aber Jesus
lässt sich nicht entmutigen: Er bittet die Jünger, die Menschen sich in Gemeinschaften
von fünfzig setzen zu lassen, er erhebt die Augen zum Himmel, spricht den Lobpreis,
bricht das Brot und gibt es den Jüngern, damit die es verteilen. Es ist ein Augenblick
tiefer Gemeinschaft: Die ist vom Wort des Herrn gesättigt und wird nun genährt durch
sein Brot des Lebens. Und alle wurden satt, fügt der Evangelist hinzu.
An diesem
Abend sind auch wir am Tisch des Herrn versammelt, am Tisch des eucharistischen Opfers,
in dem er aufs Neue seinen Leib schenkt und das eine Kreuzesopfer präsent macht. Im
Hören seines Wortes, im sich Ernähren durch seinen Leib und sein Blut, lässt er uns
übergehen von einer Menge in eine Gemeinschaft, aus der Anonymität in die ‚Kommunion’.
Die Eucharistie ist das Sakrament der Gemeinschaft, das uns aus dem Individualismus
ausziehen lässt, um gemeinsam die Nachfolge zu leben, den Glauben an Ihn.
Also
müssen wir uns alle vor dem Herrn fragen: Wie lebe ich die Eucharistie? Lebe ich sie
auf anonyme Weise oder als Augenblick wirklicher Gemeinschaft mit dem Herrn, und auch
mit den vielen Brüdern und Schwestern, die mit uns diesen Tisch teilen? Wie sind unsere
Eucharistiefeiern?
Ein Letztes: Von woher kommt die Brotvermehrung? Die Antwort
liegt in der Einladung Jesu an die Jünger: „Gebt ihr …“. „Geben“, teilen. Was teilen
die Jünger? Das wenige, das sie haben: Fünf Brote und zwei Fische. Aber es sind genau
diese Brote und diese Fische, die in den Händen des Herrn die Menge sättigen. Und
es sind die – angesichts der Untauglichkeit ihrer Mittel und der Armut dessen, was
sie anzubieten haben – verwirrten Jünger selbst, die die Menschen sich setzen lassen
und das Brot und die Fische austeilen – dem Wort Jesu vertrauend – und so die Menge
sättigen. Und das sagt uns, das in der Kirche, aber auch in der Gesellschaft, wir
vor dem Wort ‚Solidarität’ niemals Angst haben dürfen, also Gott alles zur Verfügung
stellen, was wir haben: Unsere geringen Fähigkeiten, denn nur im Teilen, im Geben,
ist unser Leben fruchtbar, trägt es Frucht. Solidarität: Ein beim Geist der Welt unbeliebtes
Wort!
Heute Abend teilt der Herr erneut das Brot an uns aus, das sein Leib
ist, er macht sich zur Gabe. Und auch wir erfahren die „Solidarität Gottes“ mit dem
Menschen, eine Solidarität, die sich nie erschöpft, eine Solidarität, die niemals
aufhört uns zu erstaunen: Gott macht sich uns gleich, im Opfer des Kreuzes erniedrigt
er sich, tritt in das Dunkel des Todes ein um uns sein Leben zu schenken, das das
Böse besiegt, den Egoismus, den Tod.
Jesus gibt sich uns auch heute Abend in
der Eucharistie, er teilt unseren Weg und macht sich sogar zum Brot, zum wahren Brot,
dass unser Leben erhält auch in den Momenten, in denen die Straße schwierig und hart
wird und die Widerstände unsere Schritte bremsen. In der Eucharistie lässt und der
Herr seinen Weg gehen, den Weg des Dienstes, des Teilens, des Gebens; und das Wenige
das wir haben, das Wenige das wir sind, wird geteilt zum Reichtum, denn die Macht
Gottes, die die Macht der Liebe ist, steigt auf unsere Armut herab um sie umzuwandeln.
Fragen
wir uns also an diesem Abend, Christus, der in der Eucharistie wirklich unter uns
ist, anbetend: Lass ich mich von Ihm umwandeln? Lasse ich zu, dass der Herr sich mir
als Gabe gibt, mich immer aus meinem kleinen Gehege heraus leitet, mich leitet, keine
Angst zu haben zu geben, zu teilen, Ihn und den Nächsten zu lieben?
Nachfolge,
Gemeinschaft, Teilen. Beten wir, dass die Teilnahme an dieser Eucharistie uns immer
anreizt: Dem Herrn jeden Tag nachzufolgen, Instrumente der Gemeinschaft zu sein, mit
Ihm und dem Nächsten zu teilen, wer wir sind. So wird unser Leben wirklich fruchtbar.