Kardinal Schönborn: „Es gibt kein Recht auf Kinder“
Es gibt kein Recht
auf Kinder, sondern Rechte der Kinder, die es zu achten gilt. Das betonte Kardinal
Christoph Schönborn am Donnerstag beim traditionellen Wiener „Stadtumgang“ zu Fronleichnam.
Tausende Gläubige nahmen trotz unbeständigen Wetters an der traditionellen Prozession
durch den ersten Wiener Gemeindebezirk teil.
Oft habe er den Eindruck, dass
Kinder ,verzweckt’ werden, so Schönborn in seiner Predigt auf dem Michaelerplatz.
Zwar verstehe er den „tiefen Schmerz der Kinderlosigkeit“ vieler Paare und den „berechtigten
Wunsch“, selbst Eltern zu sein. Er selbst wisse auch, wie komplex die realen Lebensumstände
oft seien – „und wie viel Gutes auch in komplexen Familien- und Beziehungsverhältnissen
geschieht. Das verdient Anerkennung und Dank für alle Großherzigkeit.“ Selbst die
komplexe Lebensrealität dürfe jedoch kein Hindernis dafür sein, das Recht des Kindes
und dessen Wohl an die erste Stelle zu setzen und als „Leitstern“ vor den Augen zu
behalten, so der Kardinal.
„Wesentlich und entscheidend“ gehöre es zum Wohl
jedes Kindes, „dass es Vater und Mutter hat und darum wissen darf“, so Schönborn.
Ein Kind brauche Vater und Mutter, die ihm auch das Leben gegeben haben.
Kirche
kein Neinsager Diese christliche Sichtweise auf das Kind gerate zunehmend
in die Defensive, stellte Schönborn fest. „Wir sind im Rückzug und müssen eine Position
nach der anderen aufgeben, da der Mainstream und die ihm folgende Gesetzgebung in
eine andere Richtung gehen“, so der Kardinal.
Erscheine die katholische Kirche
hier auch oft als „Neinsager“ - aktuell etwa bei ihrem Einwand gegen ein neues Adoptionsgesetz
in Österreich - so sei ihr Anliegen dennoch das Umgekehrte, betonte der Wiener Erzbischof,
„nicht das Nein, sondern das 'Ja' zum Leben und zu dessen Schönheit“. Das sage er
nicht „als Anständiger zu Unanständigen“, sondern „als Sünder zu Sündern, als Mensch
zu Menschen, überzeugt, dass wir uns in der Gemeinsamkeit des Menschseins über die
Gräben unterschiedlicher Sichtweisen hinweg finden können“.
Einsatz für
Kinder Als Verbindung zum Geschehen von Fronleichnam hatte Schönborn den kleinen
Jungen angesprochen, der im Evangeliumstext fünf Brote und zwei Fische brachte. „Gut
möglich, dass dieser Bub schon Schweres erlebt hat und hart arbeiten musste“, so der
Kardinal. Indem Jesus in entscheidenden Momenten stets Kinder in die Mitte stellte
statt sie als „unfertige Wesen“ zu behandeln, habe er damit „die Welt verändert“ und
das Engagement vieler Menschen – „von Christen wie auch anderen Menschen“ - für Kinder
motiviert.
Der Kardinal führte an dieser Stelle Initiativen an, die sich für
Kinder - etwa für eine Besserung der Situation der Straßenkinder oder gegen das Engagement
von Kindern als Soldaten - einsetzen. Als konkrete Beispiele nannte er die Concordia-Projekte
von Georg Sporschill und Ruth Zenkert, die Kinderausspeisung „Mary's Meals“, den Hilfsfonds
der Erzdiözese Wien für Schwangere in Not sowie das kürzlich in Österreich bis Ende
Juli verlängerte EU-Volksbegehren „One of us“ für verbesserten Embryonenschutz.