2013-05-20 13:19:29

D/Rumänien: So helfen die Spenden der Renovabis-Pfingstaktion


RealAudioMP3 „Das Leben teilen - Solidarisch mit behinderten Menschen im Osten Europas“ – unter diesem Motto stand die diesjährige Pfingstaktion des deutschen Osteuropahilfswerkes Renovabis. In allen katholischen Gottesdiensten wurden am Wochenende bundesweit Spenden gesammelt, die Menschen mit Behinderung in Osteuropa zugutekommen. Allein in Rumänien, wo ein Drittel der Bevölkerung an der Armutsgrenze lebt, hat Renovabis in den letzten zwei Jahrzehnten über 1.500 Hilfsprojekte mit insgesamt fast 75 Millionen Euro unterstützt. Während in der rumänischen Gesetzgebung die Rechte für Behinderte schon festgeschrieben sind, hapert es allerdings bei deren Umsetzung. Das berichtet der Caritas-Direktor der rumänischen Diözese Alba Julia, András Márton, im Interview mit Radio Vatikan:
„Die Umsetzung dieser Gesetze ist viel schlechter als die Gesetzgebung, die in Rumänien in vielen Bereichen ziemlich fortgeschritten ist. Zum Beispiel, was Befahrbarkeit angeht, dass man etwa die Straßen mit dem Rollstuhl befahren kann. Sogar ins Parlament kann man nicht: Es gibt einen behinderten Abgeordneten, ich habe ein Foto mit ihm im Rollstuhl vor dem Parlament, da gibt es viele Treppen, und er kann nicht hoch.“
Vor allem behinderte Menschen auf dem Land leiden unter fehlenden Betreuungsstrukturen und einer insgesamt schlechten Gesundheitsversorgung – in Rumänien kommt auf 1.000 Menschen ungefähr ein Arzt; die massive Abwanderung qualifizierter Kräfte ins Ausland ist ein großes Problem. Die Caritas ist, was medizinische und soziale Dienstleistungen betrifft, in einigen Landesteilen nahezu der einzige Versorger, erzählt Márton. Mit der Gesundheitsreform sei 1996 zwar jeder Bürger pflichtversichert worden, die Leistungen tatsächlich zu bekommen, sei aber ein Glücksspiel:

„Die Krankenkasse hat niemals gesagt, was die Minimalleistungen sind, die jeder bekommen muss. Wenn’s geht, bekomme ich sie, wenn nicht, nicht. Die Finanzierung des Systems ist auch unzureichend. In unserem Land werden gut vier Prozent eines viel schwächeren Bruttoinlandproduktes in Gesundheit investiert, in Deutschland sind es über neun Prozent!“

Die Caritas Alba Julia betreut heute in der Region rund 40.000 Menschen in sechs von neun Landkreisen. Die Hilfsarbeit ist vielfältig: Altenpflege, Kinder- und Jugendarbeit, Behindertenarbeit, Projekte für Roma und Familienhilfe gehören fest zum Programm. Doch auch auf das Ehrenamt und die Förderung von zivilem Engagement legt die Organisation großen Wert. „Eigeninitiative, Beziehung und Gemeinschaft waren jahrzehntelang strafbar“, wie es Márton ausdrückt. Da gebe es heute an der Basis viel zu tun, so der Caritas-Direktor auch mit Blick auf die Politik:

„Ich glaube nicht, dass Gesetze ein Leben generieren können. Ich glaube, dass eine Sozialkultur, eine Kultur des Miteinanders, Gesetze produziert. Und dann werden die getragen und leben solange, wie sie getragen werden von der Sozialkultur. Die nationale Regierung nimmt noch zu wenig wahr von den ganzen zivilgesellschaftlichen Entwicklungen. Ich glaube, es liegt bei vielen außerhalb der Gedankenmöglichkeit, dass jemand anderer Leben gestalten kann als die Politik.“


Mehr über Kirche und Hilfsarbeit in Rumänien erfahren Sie in der unserer aktuellen Sendereihe „Radioakademie“, am kommenden Dienstagabend läuft die nächste Folge bei uns im Abendprogramm.

(rv 20.05.2013 pr)








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