„Christen sollten sich im Arabischen Frühling stärker engagieren“
Der frühere Päpstliche
Botschafter in Kairo fordert die Christen Ägyptens zu einem stärkeren Engagement bei
den Umwälzungen in ihrem Land auf. Erzbischof Michael Fitzgerald war von 2006 bis
zum letzten Oktober Nuntius in Kairo und bei der Arabischen Liga; zuvor leitete er
den Päpstlichen Dialograt in Rom. Es sei ausgesprochen wichtig, dass die Christen
bei den kommenden Parlamentswahlen, die vor Ende 2013 stattfinden sollen, eine Rolle
spielten, so Fitzgerald im Gespräch mit Radio Vatikan.
„Es gibt jetzt immerhin
mehr Redefreiheit und Ansätze zu einem demokratischeren Prozess in Ägypten. Dem Land
ist außerdem trotz aller Änderungen ein Bürgerkrieg erspart geblieben. Zwar gibt es
sehr viel Gewalt, aber das ist doch nicht zu vergleichen mit dem, was wir in Libyen
erlebt haben oder was wir in Syrien, leider, immer noch erleben. Was Ägypten jetzt
am dringendsten braucht, ist Sicherheit. Natürlich muss man neuen Politikern, die
an die Macht kommen, erstmal etwas Zeit lassen, aber die Leute in Ägypten sind schon
sehr enttäuscht über die Untätigkeit der Regierung.“
Diese Enttäuschung
über die von Muslimbrüdern geprägte Führung des Landes könne für die Christen Ägyptens,
die ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung stellen, zu einer Chance werden, deutet
Erzbischof Fitzgerald an.
„Viele Menschen befürchten, dass das Land noch
radikaler islamisch geprägt werden könnte, und wollen etwas dagegen tun. Später im
Jahr soll es ja Wahlen geben, und da würde man doch hoffen, dass die Leute sich sagen:
Na ja, wir haben das letzte Mal diese Leute gewählt, aber sie scheinen nicht das Geringste
für uns getan zu haben, darum lasst uns doch diesmal jemand anderen wählen!“
Die
katholische Kirche habe „durch das Organisieren von Kursen und Meetings“ viel dafür
getan, dass den Ägyptern die Bedeutung eines demokratischen Prozesses klargeworden
sei, lobt Fitzgerald. Die Nahost-Synode im Vatikan Ende 2010, also unmittelbar vor
Ausbruch des „Arabischen Frühlings“, habe den Katholiken außerdem eingeschärft, „dass
sie nicht als eine in sich verschlossene, zurückgezogene Minderheit auftreten, sondern
mit anderen zusammenarbeiten sollten“. Die große ökumenische Offenheit des neuen koptisch-orthodoxen
Patriarchen Tawadros II. komme Ägyptens Katholiken darum sehr entgegen.