Schockenhoff: Gebrauchsanleitung zum Menschenklonen
Was aktuell in der
Stammzellenforschung geglückt ist, werten die US-amerikanischen Bischöfe als „Rückschritt
der Menschlichkeit“: Erstmals ist es Wissenschaftlern gelungen, aus einem künstlich
hergestellten Embryo Stammzellen zu gewinnen.
Im Bundesstaat Oregon haben
Forscher menschliche Zellkerne aus erwachsenen Hautzellen gesaugt und anschließend
in eine entkernte weibliche Eizelle übertragen. Ähnlich wie bei einer befruchteten
Eizelle begann sich das Zellgemisch in der Petrischale zu teilen. Es entstand ein
künstlicher Embryo, aus dem die Forscher Stammzellen abspalten konnten. Dass mit diesem
Verfahren in Zukunft auch der geklonte Mensch theoretisch möglich wird, ist grundsätzlich
nicht ausgeschlossen, so die Einschätzung des Moraltheologen Eberhard Schockenhoff
von der Universität Freiburg:
„Die Veröffentlichung der Zeitschrift liest
sich tatsächlich wie die Rezeptur, wie man das macht, einen Menschen zu klonen, einen
Menschen zu schaffen: als genetische identische Kopie eines schon lebenden Originals.
Ob das dann auch möglich ist, einen solchen Klon heranwachsen zu lassen, und ob sich
eine Frau findet, die ihn sich implantieren lässt, dass sind alles Überlegungen, die
weithin spekulativ sind. Aber es ist jedenfalls mit der Veröffentlichung dieser Gebrauchsanweisung
stärker in die Nähe des Erwartbaren gerückt, als das bislang der Fall war.“
Auf
die Veröffentlichung dieser Gebrauchsanweisung für das Klonen von Menschen, wie der
Moraltheologe sagt, hat die US-Bischofskonferenz unmittelbar reagiert. An diesem Donnerstag
bezeichnet sie diesen scheinbaren „technischen Fortschritt“ als „Rückschritt der Menschlichkeit“.
Ähnlich sieht das auch Eberhard Schockenhoff:
„Der Spielraum, den die
biologische Natur mir lässt, der wäre eben doch, wenn das Menschenklonen jemals Wirklichkeit
würde, festgelegt. Das wäre ein Eingriff in die Freiheitssphäre eines Menschen, die
mit unserem Menschenbild unvereinbar wäre.“
Demgegenüber betonen die
Wissenschaftler, dass es ihnen tatsächlich gar nicht um das Klonen von Menschen gehe.
Sie sprechen vielmehr vom so genannten Forschungsklonen, mit dem man etwa frisches
Körpergewebe zur Bekämpfung von Parkinson oder Multipler Sklerose gewinnen könne.
Schockenhoffs Einschätzung des umstrittenen Durchbruchs in der Stammzellenforschung
fällt dennoch zwiespältig aus:
„Diese Abwehr von Besorgnissen gehört
natürlich auch zum Rechtfertigungsritual der Wissenschaft. Innerhalb der seriösen
Community arbeitet niemand daran, Menschen zu klonen. Aber mit der Veröffentlichung
dieser sozusagen Gebrauchsanweisung, die zur Nachahmung einlädt, ist das zumindest
einen Schritt näher in den Bereich des Vorstellbaren gerückt, dass auch diese Grenze
einmal überschritten werden könnte. Dass die Wissenschaftler, die diese ersten Experimente
vorgelegt haben und jetzt veröffentlichen, dies nicht selbst tun werden, dies steht
außer Zweifel.“
Immerhin schließt der Moraltheloge sein Fazit zum potentiell
nun möglichen Klonen von Menschen nicht ganz pessimistisch:
„Die Hoffnung
besteht, dass ein solcher Akt niemals Wirklichkeit wird – dass die Wissenschaft diese
moralische Grenze auch respektiert und die Klontechnik nicht dazu benutzt, einen erwachsenen
Menschen als Klonkopie eines anderen zu erzeugen.“