Am vergangenen Samstag
wurde in Pakistan gewählt; Nawaz Sharif, der bereits zweimal Ministerpräsident war,
ging aus den Wahlen als Sieger hervor. In welche Richtung sich das Land entwickeln
wird, ist nach dem Wahlsieg der Muslim-Liga in Pakistan jedoch noch nicht klar. Eva-Maria
Kolmann von „Kirche in Not“ sagte im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio:
„Jetzt
kann man noch gar nicht absehen, ob sich etwas ändern wird, und wenn ja was. Es wäre
auf jeden Fall wünschenswert, wenn die neue Regierung sich dafür einsetzte, dass die
Minderheiten – zu denen ja auch die Christen gehören – als vollwertige und gleichberechtigte
pakistanische Staatsbürger angesehen werden. Es gab im Vorfeld der Wahlen ein Treffen
zwischen Nawaz Sharif und dem Vorsitzenden der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden
der katholischen Kirche in Pakistan. Da hat Sharif, der selbst eine katholische Schule
besucht hat, gesagt dass er sich um dieses Anliegen kümmern wird. Ob das jetzt
Lippenbekenntnisse sind, oder er etwas tun wird, wird sich zeigen.“
Kolman
kennt jedenfalls einige Ansatzpunkte, um die Lage der Minderheiten in Pakistan zu
verbessern - zum Beispiel in der Schule:
„Es ist sicher eine wichtige Aufgabe
für die neue Regierung, dass in den Schulbüchern künftig kein Hass mehr gegen Minderheiten
geschürt wird. Jetzt ist das noch der Fall. Außerdem darf dort der Islam nicht mehr
als einzige Option für einen Pakistani dargestellt werden. Man muss sich mal vorstellen,
dass sogar in Schulfächern, die gar nichts mit Religion zu tun haben, wie Mathe oder
Englisch, immer die Religion – also der Islam – präsent ist.“
Im Unterricht
gebe es beispielsweise Aufsatzthemen wie: ‚Schreibe deinem Freund einen Brief und
lade ihn ein, zum Islam überzutreten’. Doch die Schule ist nicht die einzige Baustelle,
erklärt die Expertin von „Kirche in Not“: „Wichtig wäre auch ein
konsequentes Vorgehen gegen Hassprediger. Man muss aber insgesamt auch damit rechnen,
dass die Regierung gegen die Taliban-Gruppierungen, die immer stärker werden, nicht
ankommen wird. Die bisherige Regierung war schwach, sie war aber auch nicht sehr entschlossen.
Es ist auch nicht ganz klar, inwieweit aus bestimmten Kreisen eine Radikalisierung
sogar stillschweigend geduldet wird oder wurde. Das ist ein sehr komplexes Thema.
Man kann jetzt noch gar nicht sagen, was daraus wird. Manche Leute sagen, sie erhoffen
sich gar nichts von den Wahlen.“
Die Taliban hatten auch vor und während
den Wahlen durch Attacken für Unruhe gesorgt. Dennoch gab die Mehrzahl der Pakistani
ihre Stimme ab. Der neue Regierungschef deutete an, Verhandlungen mit den Taliban
aufnehmen zu wollen. Der Terror sei nach wie vor ein sehr großes Problem in Pakistan,
so Kolman:
„Insgesamt muss man sagen, dass die pakistanische Bevölkerung
in einem Klima der Angst und der Bedrohung durch den Terror lebt. Christen und andere
Minderheiten, also Hindus und Muslime anderer Gruppierungen als derjenigen, die gerade
das Sagen haben, werden besonders schnell Opfer. Im Grunde muss man jederzeit mit
Übergriffen rechnen, besonders, wenn Hasspredigten über die Lautsprecher einer Moschee
auf die Straße übertragen werden. Dann rotten sich manchmal schnell tausende Männer
zusammen, die christliche Viertel angreifen, christliche Kirchen anzünden oder Christen
überfallen. So eine Mobgewalt ist sehr schwer zu kontrollieren. Das ist eine ständige
Bedrohung.“
Deshalb könnten Gottesdienste oder religiöse Feste oft nur
unter Polizeischutz veranstaltet werden, berichtet Kolman. Doch nicht immer seien
Terrorgruppen allein für Angriffe auf christliche Einrichtungen verantwortlich:
„Andererseits
gibt es aber auch Fälle, in denen christliche Einrichtungen widerrechtlich enteignet
wurden. Es gab in Lahore ein Caritaszentrum, das mit Bulldozern unter Polizeischutz
niedergerissen wurden. Da hat sich der Staat das Grundstück widerrechtlich angeeignet.
Das sind Sachen, wo die Regierung eine Rolle spielt, und nicht nur der Terror von
der Straße oder irgendwelche Gruppierungen, die nicht zu kontrollieren sind.“