Bereits seit Beginn
der Woche wütet der Wirbelsturm „Mahasen“ an der burmesischen Küste. Das Sturmtief
gefährdet vor allem die Rohingya, eine muslimische Minderheit, die im vergangenen
Jahr vor gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der buddhistischen Mehrheit an die burmesische
Küste geflüchtet war. Mark Farmaner, der Direktor der Menschenrechtsorganisation „Burma
Campaign UK“ sagte im Gespräch mit Radio Vatikan, die Lage der Rohingya sei sehr ernst:
„Was
wir im Moment sagen können, ist dass es vor allem im Rakhaing-Staat eine sehr große
humanitäre Krise gibt. 140.000 Menschen mussten aufgrund der Attacken dorthin fliehen
und die meisten von ihnen gehören der Volksgruppe der Rohingya an. Sie leben in fürchterlichen,
schmutzigen Camps für vertriebene Menschen. Die UNO-Flüchtlingsbeauftragte beschreibt
diese Lager als die schlimmsten, die sie auf der ganzen Welt gesehen hat.”
Der
Zyklon Mahasen verschlimmert derzeit die Lage der muslimischen Minderheit zusätzlich
durch Flut und anhaltenden Regen. Erst vor wenigen Tagen kamen bei einem Schiffsunglück
nahe der burmesischen Hafenstadt Sittwe mindestens acht Muslime ums Leben; wahrscheinlich
starben weit mehr, denn mehr als 50 Menschen werden noch immer vermisst. Auf dem überfüllten
Schiff waren mehr als 100 Rohingya, die sich vor dem Sturm in Sicherheit bringen wollten.
Die Camps der Flüchtlinge seien zudem in der Gefahrenzone, berichtet Farmaner:
„Sehr
viele dieser Flüchtlingslager sind sehr tief gelegen. Der Regen des Zyklons wird sie
überschwemmen. Die Regierung hat alle Warnhinweise ignoriert und nichts unternommen,
um diese Menschen zu evakuieren. Jetzt stehen wir vor der Situation, dass der Zyklon
wahrscheinlich genau diese Gebiete treffen wird, und die Menschen in windigen Zelten
und Baracken leben. Obwohl es schon 40 Stunden vor der Ankunft des Zyklons eine Warnung
gab, wurden nur sehr wenige Menschen evakuiert. Es ist eine absolut unangemessene
Verhaltensweise. Wir hören von sehr vielen Menschen, die nicht evakuiert wurden und
von einigen die sogar näher ans Meer gebracht worden sein sollen. Wir stehen hier
vor einem großen Desaster, das wahrscheinlich sehr viele Leben kosten wird.“
Farmaner
erklärte zudem, dass die Arbeit der Hilfsorganisationen vor Ort sowieso bereits schwierig
sei:
„Die verschiedenen Hilfsorganisationen hatten bereits im vergangenen
Jahr eine sehr harte Zeit, als sie versuchten, die Menschen hier mit ausreichender
Hilfe zu versorgen. Zum einen lag das an finanziellen Problemen, aber es gab auch
viele Einschränkungen durch die Regierung. Hinzu kommt die mangelnde Sicherheit: Die
Regierung sorgt in dieser Gegend bisher nicht für die Sicherheit der Hilfsorganisationen.
Deshalb haben auch viele der Hilfsarbeiter vor Ort Angst, die zum Teil auch Probleme
bekamen, weil sie der Minderheit der Rohingya helfen wollten. Das heißt, die Lage
war vorher schon kritisch - und jetzt kommt noch der Zyklon hinzu.“
Wie
die Nachrichtenagentur Ap an diesem Donnerstag berichtet, soll der Zyklon an diesem
Freitag den Rakhaing-Staat erreichen. Einer der Rohingya, der in einem der dortigen
Flüchtlingscamps lebt, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur, dass er den burmesischen
Beamten misstraue, die schon seit Monaten versuchten, das Flüchtlingslager aufzulösen.
Deshalb wolle er auch nun das Camp nicht verlassen, selbst wenn sie sagten, es sei
um Schutz vor dem Zyklon zu finden. Ein anderer Rohingya, der evakuiert wurde, berichtete
hingegen von seinen Ängsten, nicht zurückkehren zu dürfen.