Erstmals wird es auf
der Biennale von Venedig auch einen eigenen Pavillon des Heiligen Stuhls geben. Der
Leiter des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, stellte an diesem
Dienstag Einzelheiten der Kunst-Initiative vor. Thema der Kunstwerke sind die Erzählungen
des Buches Genesis, des ersten Buches der Bibel.
„Es geht uns darum, einen
Dialog zwischen Kunst und Glauben wiederaufzunehmen, der – vor allem im letzten Jahrhundert
– zeitweise unterbrochen worden ist. Es hat da eine Art Scheidung gegeben, aber Kontakte
zwischen Glauben und Kunst blieben doch erhalten, beide Seiten zahlten kräftig Alimente.
Auf der Biennale von Venedig wollen wir nun zurück zu einem echten Dialog zwischen
der religiösen Komponente und einer Kunst, die eine neue Grammatik des Ausdrucks hat.
Wir greifen zurück auf die alte, große Tradition von Kunst und Glauben, zwei Schwestern
auf dem Weg der Kultur.“
Die 55. Kunst-Biennale startet im Juni und geht
bis zum 24. November. Die Veranstalter versprechen sich einiges vom Vatikan-Pavillon.
Professor Paolo Baratta ist Biennale-Präsident: „Das Mitmachen des Heiligen Stuhls
kann zum jetzigen Zeitpunkt sehr wichtig sein, weil es auf dem auf positive Weise
ausufernden Gebiet der zeitgenössischen Kunst imstande ist, spezielle Aufmerksamkeit
zu wecken. Es kann auch zu einem Stimulus für Auftraggeber werden.“
Schon
der Standort des Vatikan-Pavillons ist symbolträchtig: neben dem Pavillon Argentiniens,
also der Heimat des neuen Papstes Franziskus. Übrigens werden demnächst auch argentinische
Kunstwerke in einem Ausstellungsflügel am Petersplatz ausgestellt, das ist also der
Anfang einer künstlerischen Freundschaft. Als erstes Ausstellungsstück im Vatikan-Pavillon
hat der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, ein Tryptichon des italienischen
Künstlers Tano Fest ausgesucht, das schon einmal – 1964 – auf der Biennale zu sehen
war, damals aber noch unter Italien-Hoheit. Die Leiterin der Abteilung für zeitgenössische
Kunst in den Vatikan-Museen, Micol Forti, erklärt: „Drei spezifische Momente aus der
Genesis wollten wir dem Nachdenken, aber auch einer eigenen Deutung durch die Künstler
anbieten: den Moment der Schöpfung, den Moment der Unordnung und des Chaos sowie den
Moment einer neuen Geburt, einer neuen Hoffnung, einer neuen Menschheit.“
Etwa
750.000 Euro lässt sich der Vatikan sein Dabeisein in der Lagune von Venedig kosten,
Sponsoren machen`s möglich. Religiöse Kunst ist es nicht, was der neue Pavillon bieten
wird: „Keine Kreuze, keine Madonnendarstellungen“, stellt die Nachrichtenagentur Reuters
fest. Eine bekannte Multimedia-Gruppe aus Mailand wird eine Videoinstallation zum
Thema Schöpfung zeigen; dann folgt der tschechische Fotograf Josef Koudelka mit 18
Fotografien und drei Tryptichen zum Thema Zerstörung. Koudelka wurde 1968 durch seine
Bilder vom Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag weltbekannt. Den Part der Neu-Schöpfung
übernimmt schließlich der US-Maler Lawrence Carroll, u.a. mit vier Wandgemälden. Eines
davon hat ein integriertes Kühlelement, das dafür sorgt, dass das Gemälde abwechselnd
schmilzt und wieder erkaltet.
In den letzten Jahrzehnten haben Kirchenvertreter
immer wieder mal gegen Kunstwerke auf der Biennale protestiert, die als blasphemisch
eingestuft wurden. Schon bei der ersten Biennale 1895 ging der Patriarch von Venedig
vergeblich gegen ein Werk von Giacomo Grosso vor, das nackte Frauen rund um einen
Sarg zeigte. 2001 sorgte der Italiener Maurizio Cattelan mit einer lebensgroßen Darstellung
von Johannes Paul II., der von einem Meteoriten erschlagen wird, für Aufsehen.