Der katholische pakistanische Politiker Paul Bhatti, bis März Sonderberater der Regierung
für religiöse Minderheiten, sieht keine Anzeichen für eine allgemeine Christenverfolgung
in seiner Heimat. In Pakistan habe „Diskriminierung selten mit Religion zu tun“, sagte
er in einem Interview mit „Spiegel online“ (Sonntag). Viele Christen lebten am unteren
Rand der Gesellschaft und würden deshalb herabwürdigend behandelt, „aber nicht, weil
sie Christen sind“.
Bessergestellte Christen dagegen wie Ärzte, Ingenieure
oder Geschäftsleute hätten ein gutes Leben. „Hier in Pakistan werde ich von allen
respektiert, ich wurde nie schlecht behandelt, nur weil ich Christ bin“, sagte Bhatti,
der selbst Mediziner ist.
Sein Bruder Shahbaz Bhatti war im Frühjahr 2011 als
Minderheitenminister und Kritiker des Blasphemiegesetzes erschossen worden. Daraufhin
wurde Paul Bhatti von der Regierung zum Sonderberater berufen. In der kommenden Woche
will er auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung am Evangelischen Kirchentag in
Hamburg teilnehmen.
Um die Situation der christlichen Minderheit in Pakistan
zu verbessern, müsse man „Armut bekämpfen und für Bildung sorgen“, forderte Bhatti
weiter. „Christen könnten auf diese Weise ihren Lebensstandard erhöhen. Und Muslime,
insbesondere die Prediger, könnten ihre eigene Religion besser verstehen“. Besonders
die wirtschaftliche Lage in Pakistan habe sich seit Jahren verschlechtert. Unter
fehlendem Fortschritt und Instabilität litten Minderheiten mehr als andere, so Bhatti.
Das
pakistanische Blasphemiegesetz nahm er vor einer Pauschalverurteilung in Schutz. „Wenn
man es innerhalb der vom Islam vorgegebenen Grenzen anwendet, ist dagegen nichts einzuwenden“,
sagte Bhatti. Das Gesetz werde aber oft bei Streitereien als Waffe missbraucht. „
Das müssen wir verhindern.“ Opfer einer religiösen Hetze würden dabei nicht nur Christen,
sondern „auch Muslime, denen zu Unrecht Blasphemie vorgeworfen wird“.
Darüber
hinaus beklagte Bhatti ein niedriges Niveau in vielen Koranschulen. „So viele wurden
einer Gehirnwäsche unterzogen und darauf vorbereitet, im Namen der Religion zu töten.“
Der einzige Weg sei, mit den muslimischen Geistlichen in Dialog zu treten. Islam und
Christentum seien sich „sehr nah“, und er sei überzeugt, dass Menschen unterschiedlichen
Glaubens zusammenleben könnten.