Ungarn: Eklat nach Einschränkung des Verfassungsgerichtes
Die Beschneidung der Rechte des ungarischen Verfassungsgerichtshofes durch die Regierung
hat zu einem Eklat mit der evangelisch-reformierten Kirche geführt. Den Status „Kirche“
an religiöse Gemeinschaften zu vergeben, ist nun Aufgabe des Parlamentes, nicht mehr
des Verfassungsgerichtes. Die ungarische Regierung hatte trotz heftiger internationaler
Kritik die Kompetenzen des Verfassungsgerichtes stark eingeschränkt und mehrere Gesetze
ins Parlament verlagert, darunter auch die Vergabe des Status als Kirche an religiöse
Gemeinschaften. Der Bischof Gusztav Bölcskei der reformierten Kirche erklärte als
Reaktion auf die Änderung, er könne nicht mehr an weiteren Verhandlungen über ein
neues Kirchengesetz teilnehmen. Die aktuellen Vorschläge der Regierung beinhalteten
„krasse Widersprüche“ und verfestigten eine „Ungleichbehandlung“, so der Vertreter
der zahlenmäßig zweitstärksten Kirche im Land. Kritiker werfen der Regierung Willkür
vor, welche Gemeinschaft den Status „Kirche“ bekomme und welche nicht. Außerdem werden
die Erwartungen der Regierung gegenüber der Kirchen kritisiert. Diese müssen bereit
sein, „im Interesse gemeinschaftlicher Ziele“ mit dem Staat zu kooperieren. Die
Status-Zuerkennung bleibt – nach aktuellen Gesetzesentwürfen – eine politische Entscheidung.
Europaweit ist dieses Verfahren einzigartig. Inzwischen droht die EU-Kommission Ungarn
mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Viviane Reding, die in Brüssel für Justiz
zuständige EU-Kommissarin, teilte mit, dass es eine sorgfältige Analyse der Lage in
Ungarn geben werde. Reding: „Wahrscheinlich wird es ein Verstossverfahren geben.“