Syrien: „Wir sind Opfer eures Zögerns“ – Chaos im Libanon
Statt über die Bewaffnung
der Rebellen in Syrien zu diskutieren, sollte Europa lieber einen langfristigen Friedensplan
für das zerrüttete Land entwickeln. Dazu hat eindringlich der griechisch-melkitische
Patriarch von Antiochien im Interview mit Radio Vatikan aufgerufen: „Wir sind Opfer
eures Zögerns“, so Gregorius Laham III., der in diesen Tagen in Rom Papst Franziskus
traf. Aus Syrien kommen derweil weiter erschreckende Nachrichten: In der Nähe von
Damaskus sollen Truppen von Baschar al-Assad laut Medienberichten von diesem Montag
zahlreiche Menschen getötet haben. Bei einem Angriff der Stadt Dschdaidet al-Fadl
seien mindestens 80 Menschen durch Kämpfe, Bomben und Massenhinrichtungen gestorben,
berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Patriarch Gregorius
ergreift im Gespräch mit uns das Wort für die Christen im Land:
„Wir sind
die Opfer eures Zögerns. In diesem Augenblick gibt es unheimlich viele Christen unter
den Opfern. Doch das wird nicht zur Kenntnis genommen, es gibt eine offenkundige Ungerechtigkeit
in der Erwägung und Bewertung der Situation. Wir sterben, wir sind jeden Tag Opfer
des Chaos, laufen Gefahr, entführt zu werden, Explosionen zum Opfer zu fallen, Bomben,
die auf Schulen, Fabriken, Universitäten, Kirchen fallen oder einfache Fußgänger treffen
können. Das Problem ist nicht ,bewaffnen‘ oder ,nicht bewaffnen‘, sondern die Frage,
wie in diesem Land, das leidet, Frieden geschaffen werden kann.“
Das Flüchtlingswerk
der Vereinten Nationen (UNHCR) gab jetzt bekannt, dass bis Ende 2013 fast die Hälfte
aller Syrer voraussichtlich humanitäre Hilfe brauchen werden, sollten die Kämpfe nicht
bald gestoppt werden. Patriarch Gregorius sorgt sich um eine Destabilisierung der
gesamten Region. Vor allem der Libanon stehe angesichts des Krieges im Nachbarland
schon vor der Zerreißprobe, so Gregorius. Angesichts der Flüchtlingsflut geht der
libanesischen Regierung das Geld aus, berichtet im Gespräch mit Radio Vatikan der
Leiter von Caritas Libanon, Pater Simon Faddoul:
„Die Zahl der syrischen
Flüchtlinge im Libanon wächst in unglaublicher Weise. Die libanesische Regierung sprach
in diesen Tagen von 1,2 Millionen syrischen Flüchtlingen, was zahlreiche Bedürfnisse
und mögliche Probleme bedeutet. Vor allem Unterkünfte sind aktuell ein Problem, auch
die Ressourcen werden immer weniger, davor haben auch die Vereinten Nationen gewarnt.
Die libanesische Regierung hat einen Aufruf zur Finanzierung ihrer Aktivitäten gestartet;
sie haben bisher keinen Cent gesehen.“
Die Flüchtlingsflut bringe etwa
auch ein Anwachsen der Kriminalität mit sich, so Pater Faddoul. Im Nordlibanon, wo
es weiter zu Spannungen zwischen Alawiten und Sunniten kommt, sei die Kriminalitätsrate
auf 120 Prozent angestiegen, zitiert der Geistliche einen Bericht des libanesischen
Innenministeriums.