2013-04-22 15:14:33

Frankreich: „Nicht wir, sondern die Regierung übt Gewalt aus!“


RealAudioMP3 Die innenpolitische Lage in Frankreich spitzt sich weiter zu: Die regierenden Sozialisten wollen in aller Eile am Dienstag die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Parlament verabschieden, die Demonstrationen dagegen reißen nicht ab. Vieles deutet auf eine aufgeheizte Stimmung im Land, sogar auf eine wachsende Gewaltbereitschaft. Am Sonntag hat es in Paris eine neue Massendemo gegen die „Ehe für alle“ gegeben, weitere sind schon für Mai angekündigt. Was werden die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe tun, wenn die Regierung das Vorhaben trotz aller Proteste durchsetzt? Das fragten wir am Montag die Kabarettistin Frigide Barjot, Wortführerin der Protestbewegung.

„Wir werden reagieren – friedlich, ohne die Legitimität des Gesetzes anzuzweifeln, aber sehr wohl mit Zweifeln an der hinreichenden Begründung des Gesetzes. Wir werden weiter demonstrieren, um den Präsidenten zum Abhalten einer Volksabstimmung aufzurufen. Übrigens muss das Gesetz ja noch per Dekret für wirksam erklärt werden, darum haben wir doch noch ein bisschen Zeit, bis es wirklich anwendbar würde. Abgeordnete, die das Gesetz in der Nationalversammlung bekämpft haben, treten für ein alternatives Projekt von anerkannten zivilbürgerlichen Verbindungen namens „alliance civile“ ein; dabei geht es nur um die Verbindung zweier Personen, ohne dass das irgendetwas mit dem Adoptieren von Kindern zu tun hätte. Wir rufen den Präsidenten also dazu auf, eine Volksabstimmung zwischen den zwei Gesetzesvorschlägen einzuberufen, dem der Justizministerin und dem anderen, der während der Debatte in der Nationalversammlung vorgestellt worden ist.“

Auch wichtige Kirchenleute, etwa Kardinal Philippe Barbarin von Lyon, setzen sich für eine Volksabstimmung zum Thema „Ehe für alle“ ein – ansonsten warnen die Bischöfe in den letzten Tagen aber eindringlich vor Gewalt, und zwar auch die eigenen Leute. Die Proteste müssten unbedingt friedlich und demokratisch verlaufen, so Bischofssprecher Bernard Podvin. Im Internet führte das zu wütenden Kommentaren. Rutscht die Protestbewegung in die Gewalt ab, Frau Barjot?

„Überhaupt nicht! Das sind die Medien, die diesen Eindruck erwecken: Sie zeigen ein paar Bilder von gewalttätigen Störern; diese Bilder sind auf übertriebene Weise hochgespielt worden, dabei ist unsere Bewegung ruhig und pazifistisch. Ich weise den Begriff „gewalttätiges Klima“ zurück! Was gewalttätig ist, das ist die Haltung der Regierung und vor allem das Gesetzesprojekt selbst. Es ist in der Hinsicht gewalttätig, als es die Adoption von Kindern mit homosexuellen Verbindungen in Zusammenhang bringt. Dieses Gesetzesvorhaben vermengt zwei Themen: dass Paare sich bilden, und die Adoption von Kindern. Diese Themen passen nicht zusammen – das ist gewalttätig!“

Der Künstlername Frigide Barjot ist eine bewusste Verballhornung von Brigitte Bardot; die Kabarettistin ist schrill und schillernd, nicht alle sind deswegen glücklich, dass sie sich an die Spitze der Nein-Bewegung gesetzt hat. Aber Erfolge sind ihr nicht abzusprechen: Waren im August letzten Jahres noch 53 Prozent der Franzosen für ein Adoptionsrecht von gleichgeschlechtlichen Partnern, ist der Wert mittlerweile auf 47 Prozent abgerutscht. Ein Zeichen dafür, dass sich der Wind gedreht hat.

„Nun ja, die Franzosen haben verstanden, und jetzt fangen sie an, sich gegen das Gesetzesvorhaben der Regierung zu wenden. Das hat mit unserer Aufklärungskampagne in den letzten sechs Monaten zu tun. Das Problem war, dass man das eigentliche Vorhaben bei diesem Gesetz früher nicht klar ausgesprochen hatte, es wurde immer nur von der Ehe von Homosexuellen, von ihrer Liebe usw. geredet. Verschwiegen wurden dabei die Konsequenzen, etwa den Verlust von Grundannahmen des Menschlichen, die Öffnung zur künstlichen Befruchtung usw. Wir hingegen haben darauf hingewiesen, und das haben die Leute begriffen. Sie wollen kein volles Adoptionsrecht mehr!“

(rv 21.04.2013 sk)







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