Irak/Österreich: Bischof Scheuer mahnt zu Solidarität mit Christen
Die Solidarität des
Westens mit den letzten Christen im Irak darf nicht nachlassen, damit diese in ihrem
Heimatland eine Zukunft haben. Das sagte der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer zum
Abschluss eines Besuchs im Irak im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Scheuer war letzte Woche in der autonomen Region Kurdistan im Norden des Irak sowie
in den Regionen Kirkuk und Mossul unterwegs, um Gespräche mit religiösen und politischen
Verantwortlichen zu führen und Christen in Städten und Dörfern zu besuchen.
„Die
Situation, in der sich die Christen befinden, ist sicher dramatisch, ich hoffe aber
sehr, dass das christliche Zeugnis im Irak lebendig bleibt. Die Menschen, von denen
viele stark traumatisiert und mehrfach entwurzelt sind, brauchen das Gefühl, nicht
vergessen zu sein. Neben konkreten Besuchen ist genauso materielle Hilfe für soziale
und pädagogische Projekte notwendig. Dabei gilt es in erster Linie, auf die im Land
selbst vorhandenen Ressourcen zu setzen.“
Der Bischof warnte davor, mit
westlicher Vorstellung von Effizienz und Logik an die Menschen in diesem so komplexen
und teilweise widersprüchlichen Land herangehen zu wollen. Lösungen müssten vor Ort
gefunden und praktiziert werden. Vor dem Irakkrieg 2003 lebten gut 800.000 Christen
verschiedenster Konfessionen im Irak. Inzwischen sind es nur mehr halb so viele. Rund
1.000 Christen wurden bei Terroranschlägen getötet. Viele flohen aus dem Süden und
Zentralirak in den relativ sicheren Norden.
Hintergrund In
der Erdölmetropole Kirkuk war Scheuer mit dem Bagdader chaldäischen Weihbischof Shlemon
Warduni, dem Vize-Gouverneur der Provinz Kirkuk, Rakan Said, sowie führenden muslimischen
Scheichs und Imamen zusammengetroffen. In Erbil, Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan,
führte Scheuer Gespräche mit dem chaldäisch-katholischen Erzbischof Bashar Warda,
dem Gouverneur der Provinz Erbil, Nawzad Hady, sowie mit dem für die christliche Minderheit
in der kurdischen Regierung zuständigen Generaldirektor Khalid Jamal Alber. Im Norden
Kurdistans besuchte Bischof Scheuer gemeinsam mit österreichischen und italienischen
Journalisten zahlreiche christliche Dörfer, in denen die in Linz beheimatete "Initiative
Christlicher Orient" (ICO) seit vielen Jahren Hilfsprojekte durchführt.
Diese
Dörfer wurden in den 1970er-Jahren vom Regime Saddam Husseins zerstört, die Bevölkerung
musste in den Süden des Landes übersiedeln. Nach dem Sturz des Diktators 2003 wollten
die neuen kurdischen Machthaber die Christen zurückholen und bauten viele der Dörfer
wieder auf. Den aus Bagdad und anderen Provinzen in den Norden geflohenen Christen
fehlt es aber vielfach an Erwerbsmöglichkeiten und Infrastruktur.