Ägypten: Zusammenstöße zwischen Christen und Muslimen
Bei Unruhen zwischen Muslimen und koptischen Christen sind im Norden von Kairo fünf
Menschen ums Leben gekommen. Zu den Auseinandersetzungen kam es in der Nacht von Freitag
auf Samstag vor einer koptischen Kirche in einer Kleinstadt zwanzig Kilometer nördlich
der Hauptstadt. Begonnen hatte die Gewalt offenbar durch Graffitisprühungen auf ein
islamisches Schulungszentrum. Der Tat verdächtigt wurden christliche Kinder. In der
Folge versuchte ein aufgebrachter muslimischer Mob, die koptische St.-Georgskirche
zu stürmen. Eine Menschenkette aus Christen versuchte indessen, das Gebäude zu schützen.
Durch die Angriffe, vermutlich auch durch von Angreifern abgefeuerte Schüsse, starben
fünf Kopten und ein Muslim. Zahlreiche Häuser und Läden von Kopten wurden geplündert
und in Brand gesteckt.
In der Kairoer koptischen Markuskathedrale wurde am
Sonntag bei einer Trauerfeier an die fünf Getöteten gedacht. Etwa zehn Prozent der
ägyptischen Bevölkerung sind Kopten. Seit der Machtübernahme der Muslimbrüder kommt
es immer wieder zu religiös motivierten Zusammenstößen. Der Parteichef der „Freiheits-
und Gerechtigkeits-Partei“ der Muslimbrüder verurteilte die Ausschreitungen. Er forderte
die Sicherheitskräfte auf, „alles zu tun, um diese Probleme zu lösen“. Religiöse Autoritäten
sollten „einschreiten, um die Spannungen abzubauen“. Im gleichen Sinn äußerte sich
am Samstag Abend auch das Büro von Präsident Mohamed Mursi. Mursi kondolierte den
Familien der Getöteten.
Das koptische Kirchenoberhaupt, Papst-Patriarch Tawadros
II., wird in drei Wochen im Vatikan erwartet. Berichten zufolge soll die immer schwieriger
werdende Situation der christlichen Minderheit in Ägypten ein Hauptthema der Unterredung
mit Papst Franziskus sein. Am Samstag fanden in Kairo und weiteren Städten Proteste
gegen die Regierung Mursi statt, die zahlreiche Verletze forderten. Die Demonstrationen
waren zum 5. Jahrestag der Gründung der „Bewegung des 6. April“ organisiert worden.
Die Bewegung hatte großen Anteil am Sturz des früheren Präsidenten Hosni Mubarak;
sie ist inzwischen Teil einer säkularen Koalition gegen den islamistischen Mubarak-Nachfolger
Mursi.