Israel/Naher Osten: Patriarch sieht Syriens Kirchen von Auslöschung bedroht
Der neue armenische Patriarch von Jerusalem, Nourhan I., sieht die christlichen Kirchen
in Syrien von der Auslöschung bedroht. Wenn die derzeitige Entwicklung andauere, werde
es bald keine Christen mehr in Syrien geben. „Es ist nur eine Frage der Zeit - das
Töten der Christen hat bereits begonnen“, sagte der 64-jährige orthodoxe Kirchenführer
im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur am Mittwoch in Jerusalem. Die
Güterverwaltung der armenischen Kirche in Syrien sei bereits in den Libanon verlegt
worden. Auch im übrigen Heiligen Land sei Abwanderung von Christen „eines der Hauptprobleme“
der Kirchen.
Viele Christen hätten Schwierigkeiten, Arbeit zu finden oder genug
Geld für die Miete zusammen zu bekommen, sagte der Patriarch. Die Häuser rund um seinen
Leitungssitz in Jerusalem würden eigenen Gläubigen mietfrei überlassen. „Bis vor kurzem
haben wir auch die Wasser- und Stromrechnungen gezahlt“, sagte Nourhan I. Junge christliche
Paare hätten Schwierigkeiten, angemessenen Wohnraum zu finden. Sorge äußerte der Patriarch
auch über Auswirkungen des politischen Konflikts auf den Priesternachwuchs. Bislang
seien armenische Seminaristen vor allem aus Syrien und dem Libanon gekommen. „Inzwischen
sind dies Feindesländer, und es ist beinahe unmöglich, Visa zu erhalten.“ Junge Christen
aus Armenien selbst hätten „nach 70 Jahren Kommunismus die Vertrautheit mit der Kirche
verloren“. Seit 1992 seien in seinem Seminar einige hundert Studenten ausgebildet
worden; „aber nur sieben von ihnen sind zu Priestern geweiht worden“, sagte Nourhan
I.
Angesichts des Gläubigenschwunds werde die ökumenische Zusammenarbeit wichtiger,
so der Patriarch. „Wir müssen uns an einen Tisch setzen und die Bedürfnisse klären,
sonst verlieren wir alles.“ Im Blick auf den altersbedingten Amtsverzicht von Papst
Benedikt XVI. sagte Nourhan I., auch die armenische Kirche überlege, von einem Patriarchat
auf Lebenszeit abzurücken. „Mit 75 oder 80 Jahren könnte ein Patriarch sein Amt niederlegen“,
sagte der Kirchenführer. Sein Vorgänger Torkom II. sei die letzten sechs Jahre nicht
mehr in der Lage gewesen, seine Aufgabe angemessen auszuüben. „Dabei erfordert eine
solche Verantwortung, dass man über all seine Kräfte verfügt.“ 80 Jahre könnte daher
ein gutes Rücktrittsalter sein, sagte Nourhan I.