Nord-/Südkorea: Große Sorge über Eskalation des Konfliktes
Nach dem einseitigen
Widerruf des Waffenstillstands zwischen Nord- und Südkorea brechen die Drohgebärden
des nordkoreanischen Regimes gegen seinen südlichen Nachbarn nicht ab. Nordkorea hatte
zudem kürzlich angekündigt, einen Reaktor in seinem umstrittenen Atomkomplex Yongbyon
wieder hochzufahren. Dieser stellt einen wichtigen Teil des Atomwaffenprogramms des
Landes dar. Die USA ziehen Waffen in der Region zusammen, während China alle Parteien
zum Dialog aufruft. Die Sorge wächst, dass ein falscher Schritt schlimme Konsequenzen
haben könnte - und dass das offensichtlich mit dem Rücken zur Wand stehende Nordkorea
seine Drohungen wahrmachen könnte. Die bescheidenen Vermittlungserfolge, die auch
die lokale katholische Kirche in vergangenen Jahren verbuchen konnte, scheinen jedenfalls
der Vergangenheit anzugehören. Radio Vatikan hat mit Südkoreas Botschafter am Heiligen
Stuhl, Thomas Hong-Soon Han, gesprochen:
„Das einzige, was wir tun können,
ist für den Frieden und für die Versöhnung zu beten. Das koreanische Volk ist dem
Papst sehr dankbar dafür, dass er Interesse und väterliche Sorge dafür gezeigt hat,
in seiner ersten Osterbotschaft für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel einzutreten.
Wir sind dem Papst wirklich für diese Aufforderung an alle Völker der Erde und für
den Aufruf zu Frieden auf der Welt und in Asien dankbar.“
Die Situation
sei in der Tat sehr ernst, so der Botschafter:
„Die Südkoreaner sind zuversichtlich,
auch wenn sich das Land in einer Situation höchster Wachsamkeit befindet. Dieses Mal
ist die Drohung wirklich übertrieben. Die Führungspersönlichkeiten im Norden können
auch Irrtümer begehen. Auch ein kleiner Fehler kann ein Desaster heraufbeschwören,
besonders für den Norden, aber auch für den Süden. Wir sind sehr besorgt.“
Frank
Kraus ist Leiter der Auslandsabteilung des katholischen Hilfswerks Missio in Aachen.
Wir haben ihn gefragt, was eigentlich der Auslöser für eine derartige Verschärfung
der Krise zwischen Nord- und Südkorea war:
„Die Verschärfung der Krise fing
im Prinzip mit der Nachfolgeregelung 2011 an, als Kim Jong-Un als sehr junger Machthaber
an die Macht kam. Seitdem muss er beweisen, dass er als sehr junger Mann das Land
führen kann. Dies hat er dann durch verschiedene Atomtests, über verschiedene Langstreckentests
immer wieder vorgeführt. Diese Woche tagt das Scheinparlament von Nordkorea und diese
Zuspitzung dient wohl hauptsächlich der Machtdemonstration dieses jungen Führers.
Dann spielt natürlich auch die asiatische bzw. südostasiatische Haltung, dass man
unter keinen Umständen das Gesicht verlieren darf, eine große Rolle.“
Südkorea
hat bekannt gegeben, dass es auf eventuelle kriegerische Provokationen direkt und
ohne politische Umschweife reagieren wird. Aber wie ernst muss man die Drohgebärden
Nordkoreas in dieser Situation nehmen?
„Das ist schwierig einzuschätzen.
Allerdings sind nach unseren Einschätzungen mittlerweile die Drohgebärden bzw. das
Säbelrasseln so weit gegangen, dass schon kleinste Fehler – egal auf welcher Seite
– zur Katastrophe führen können. Es mag nicht in der Absicht beider Seiten liegen,
einen Krieg regelrecht zu provozieren, aber mit der momentanen gegenseitigen militärischen
Bereitstellung von Kräften kann ein kleiner Fehler zur großen Katastrophe führen.“
Die offizielle Sprachregelung in den USA heißt, dass sie nicht unmittelbar
mit einem Kriegsausbruch rechnen. Dennoch ziehen sie Waffen in der Region zusammen.
Welche Rolle spielt China in diesem Konflikt?
„Nach unserer Einschätzung
möchte vor allem der neue chinesische Präsident am liebsten auch eine andere Konflikthaltung
von Nordkorea haben. Das zeigt sich darin, dass sie in letzter Zeit alle UN-Resolutionen
unterstützt haben. Aber auch China kann seinen Verbündeten Nordkorea, der schon sehr
lange sein Verbündeter ist, nicht einfach fallen lassen. Ich denke, China will eigentlich
keinen Krieg; will aber Nordkorea auch nicht fallen lassen.“