Missio Aachen: „Nordkorea will Gesichtsverlust verhindern“
Frank Kraus ist Leiter
der Auslandsabteilung des katholischen Hilfswerks Missio in Aachen. Wir haben ihn
gefragt, was eigentlich der Auslöser für eine derartige Verschärfung der Krise zwischen
Nord- und Südkorea war:
„Die Verschärfung der Krise fing im Prinzip mit
der Nachfolgeregelung 2011 an, als Kim Jong-Un als sehr junger Machthaber an die Macht
kam. Seitdem muss er beweisen, dass er als sehr junger Mann das Land führen kann.
Dies hat er dann durch verschiedene Atomtests, über verschiedene Langstreckentests
immer wieder vorgeführt. Diese Woche tagt das Scheinparlament von Nordkorea und diese
Zuspitzung dient wohl hauptsächlich der Machtdemonstration dieses jungen Führers.
Dann spielt natürlich auch die asiatische bzw. südostasiatische Haltung, dass man
unter keinen Umständen das Gesicht verlieren darf, eine große Rolle.“
Südkorea
hat bekannt gegeben, dass es auf eventuelle kriegerische Provokationen direkt und
ohne politische Umschweife reagieren wird. Aber wie ernst muss man die Drohgebärden
Nordkoreas in dieser Situation nehmen?
„Das ist schwierig einzuschätzen.
Allerdings sind nach unseren Einschätzungen mittlerweile die Drohgebärden bzw. das
Säbelrasseln so weit gegangen, dass schon kleinste Fehler – egal auf welcher Seite
– zur Katastrophe führen können. Es mag nicht in der Absicht beider Seiten liegen,
einen Krieg regelrecht zu provozieren, aber mit der momentanen gegenseitigen militärischen
Bereitstellung von Kräften kann ein kleiner Fehler zur großen Katastrophe führen.“
Die offizielle Sprachregelung in den USA heißt, dass sie nicht unmittelbar
mit einem Kriegsausbruch rechnen. Dennoch ziehen sie Waffen in der Region zusammen.
Welche Rolle spielt China in diesem Konflikt?
„Nach unserer Einschätzung
möchte vor allem der neue chinesische Präsident am liebsten auch eine andere Konflikthaltung
von Nordkorea haben. Das zeigt sich darin, dass sie in letzter Zeit alle UN-Resolutionen
unterstützt haben. Aber auch China kann seinen Verbündeten Nordkorea, der schon sehr
lange sein Verbündeter ist, nicht einfach fallen lassen. Ich denke, China will eigentlich
keinen Krieg; will aber Nordkorea auch nicht fallen lassen.“