2013-03-30 11:05:35

Erster Kreuzweg am Kolosseum mit Papst Franziskus


RealAudioMP3 Tausende von Menschen kamen am Freitagabend zum Kreuzweg am Kolosseum, über sieben Millionen sahen allein in Italien am Fernsehen zu. Für Papst Franziskus war es – knappe zwei Wochen nach seiner Wahl – das erste Mal, dass er der Andacht vorstand. Er erinnerte in einer kurzen Meditation an alle Opfer von Krieg und Gewalt, vor allem im Nahen Osten. Gott schweige nicht, wenn der Mensch zu ihm schreie, sondern er antworte mit dem Kreuz Jesu, so der Papst.

Keine Regenschirme am Kolosseum: Das Wetter bei dieser „Via Crucis“ ist stabil. Die Meditationen für die 14 Stationen des Leidenswegs Christi haben in diesem Jahr libanesische Jugendliche verfasst, angeleitet vom maronitischen Patriarchen Béchara Boutros Raï. Sie appellieren an ihre Landsleute, in ihrer Heimat zu bleiben und dort weiterhin den christlichen Glauben zu bezeugen. Zugleich äußern sie in den Texten die Hoffnung auf einen neuen Orient, „in dem mehr Brüderlichkeit, mehr Friede und mehr Gerechtigkeit herrschen“.

„In unserer heutigen Welt gibt es viele „Pilatus“, die die Hebel der Macht in Händen halten und sie gebrauchen, um den Stärkeren zu dienen.“ So heißt es in der Betrachtung zur ersten Kreuzwegstation, Jesus wird zum Tode verurteilt. „Viele sind es, die – schwach und feige gegenüber diesen Machtbestrebungen – ihre Autorität in den Dienst des Unrechts stellen und die Würde des Menschen und sein Recht auf Leben mit Füßen treten. Jesus, unser Herr, lass nicht zu, dass wir zur Zahl der Ungerechten gehören. Lass nicht zu, dass die Starken sich im Bösen, im Unrecht und in der Gewaltherrschaft gefallen. Lass nicht zu, dass die Ungerechtigkeit Unschuldige in die Verzweiflung und in den Tod treibt!“

„Wir haben uns ein paar Tage frei genommen, um nachzudenken und zu beten“, erzählen die drei jungen Libanesen, die den Kreuzweg getextet haben. „Ich selbst war gar nicht so bibelfest“, meint eine, „ich habe aber immer gebetet, dass wir der Welt gegenüber wirklich das ausdrücken, was wir erlebt haben. Diese Kreuzwegstationen spiegeln wirklich das wieder, was wir erleben!“ – „Wir wollten mit dem Kreuz Jesu auch die Leiden des Nahen Ostens tragen. – Wir haben für die jungen Syrer, die jungen Iraker, die jungen Leute des Heiligen Landes gebetet, die eine Zeit des Kriegs und des Terrors erleben. Wir fühlen uns in Gemeinschaft mit ihnen, vor allem wir Christen in dieser Region.“

Das Holzkreuz wird von einer kleinen Prozessionsgruppe aus dem Kolosseum herausgetragen, begleitet von Klerikern und jungen Leuten mit libanesischer Fahne. Getragen wird das Kreuz abwechseln vom römischen Kardinalvikar Agostino Vallini, von zwei chinesischen Seminaristen, von Franziskanern aus dem Heiligen Land, Ordensfrauen aus Nigeria und dem Libanon, Jugendlichen aus Brasilien, einmal auch von einer alten Frau im Rollstuhl. Papst Franziskus verfolgt die Zeremonie von einer erhöhten Terrasse auf der Seite des Forum Romanum, gegenüber vom erleuchteten Kolosseum.

„In dieser Nacht muss ein einziges Wort verbleiben – das Kreuz“, sagt der Papst zum Schluss in einer kurzen Betrachtung. „Das Kreuz Jesu ist das Wort, mit dem Gott auf das Böse der Welt geantwortet hat. Manchmal scheint es uns, als antworte Gott nicht auf das Böse, als verharre er im Schweigen. In Wirklichkeit hat Gott gesprochen, er hat geantwortet, und seine Antwort ist das Kreuz Christi: ein Wort, das Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung ist. Es ist auch Gericht: Gott richtet uns, indem er uns liebt. Wenn ich seine Liebe annehme, bin ich gerettet, wenn ich sie ablehne, bin ich verurteilt – nicht von ihm, sondern von mir selbst, denn Gott verurteilt nicht, er liebt nur und rettet.“

Das „Wort vom Kreuz“ sei die „Antwort der Christen auf das Böse“, so der Papst weiter. Die Christen müssten auf das Böse, „das immer noch in uns und um uns wirkt“, „mit dem Guten antworten, indem sie wie Jesus das Kreuz auf sich nehmen“.

„Heute Abend haben wir das Zeugnis unserer Brüder aus dem Libanon gehört: Sie sind es, die diese schönen Meditationen und Gebete geschrieben haben. Wir danken ihnen von Herzen für diesen Dienst und vor allem für das Zeugnis, das sie uns geben. Wir haben es gesehen, als Papst Benedikt in den Libanon gereist ist: Wir haben die Schönheit und die Kraft der Gemeinschaft der Christen in jenem Land und der Freundschaft vieler muslimischer Brüder und zahlreicher anderer gesehen. Es war ein Zeichen für den Nahen Osten und für die ganze Welt: ein Zeichen der Hoffnung.“

Jetzt gehe es darum, „diesen Kreuzweg im Alltagsleben fortzusetzen“, so Papst Franziskus. „Beschreiten wir gemeinsam den Weg des Kreuzes, gehen wir, indem wir dieses Wort der Liebe und der Vergebung im Herzen tragen. Gehen wir in der Erwartung der Auferstehung Jesu!“

(rv 30.03.2013 sk)








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