Ein Kreuzweg zu den
Noten von Franz Liszt, den Opfern der organisierten Kriminalität gewidmet: Das hat
der Verband „Libera“, zu deutsch „Frei“, am Montagabend in Neapel organisiert. „Er
starb an der Gewalt der Mafia“ waren die Kreuzwegmeditationen überschrieben, die der
Caritas-Verantwortliche des Erzbistums, Don Tonino Palmese, getextet hatte. Zu dem
ungewöhnlichen Kreuzweg kamen Angehörige von Opfern, Behördenvertreter und Kardinal
Crescenzio Sepe, der Erzbischof der Stadt am Vesuv.
„Das ist für uns eine
Zeit des Leidens und des Schmerzes. Die Mafia ist auch für die Kirche eine große Sorge;
wir sehen den Tod der Unschuldigen, die vielen Menschen, die auf dem Altar dieser
sündigen Realität geopfert werden, im Lichte Christi. Diese kriminellen Organisationen
schrecken vor nichts zurück, auch nicht vor dem Tod Unschuldiger. Wir Christen haben
die moralische Pflicht, an die Opfer zu erinnern, um die Kraft zum Zurückweisen dieser
Kriminalität zu finden.“
Der Kreuzweg sei „ein Schrei, um die öffentliche
Meinung aufzurütteln, damit sie mit Kraft und Entschlossenheit gegen die Mafia vorgeht“,
formuliert der Kardinal. Aber haben die Menschen in Neapel und der Region Kampanien
überhaupt noch die Kraft, gegen die Mafia vorzugehen, obwohl sie so tief in den Alltag
jedes Einzelnen eingedrungen ist?
„Ich glaube schon. Die Leute sind doch
sehr sensibel für die Befreiung, für den Respekt ihrer persönlichen, aber auch sozialen
und gemeinschaftlichen Würde. Darum scheint es mir wirklich eine Christenpflicht,
den positiven Kräften in der Gesellschaft einen Kräfteschub zu geben, wir müssen alle
etwas tun für eine bessere Welt.“
Beim Anti-Mafia-Kreuzweg gab es zunächst
wie gewohnt einen Bibeltext und eine Meditation. Danach wurden die Namen von Mafia-Opfern
verlesen, unter anderem durch einen Gerichtspräsidenten und einen Staatsanwalt. „Es
mag deplaziert scheinen, Glaubensthemen mit dem Thema Mafia zu vermischen“, schreibt
der „Corriere del Mezzogiorno“. „Aber so ist es nicht. Denn sich der perversen und
gewalttätigen Logik der Mafia zu widersetzen, ist zweifellos ein Zeichen des Glaubens.
Viele Priester (u.a. Peppino Diana und Pino Puglisi, die von der Mafia getötet wurden)
haben das bis zur letzten Konsequenz gelebt.“