Heiliges Land: Neues Museum zu den Wurzeln des Christentums
Das Christentum gerade
in Jerusalem „ins Museum zu stellen“, mag auf den ersten Blick paradox erscheinen.
Dabei hat das „Terra Sancta Museum“ einen klaren Bezug zum aktuellen christlichen
Leben im Heiligen Land – auch wenn es zunächst einmal über die Wurzeln des Christentums
informiert. Das erklärt im Interview mit Radio Vatikan Franziskaner-Kustos Pierbattista
Pizzaballa, einer der Koordinatoren des ehrgeizigen Museumsprojektes, das 2015 die
Tore für das Publikum öffnet:
„In Jerusalem finden sich Spuren christlicher
Präsenz, aber es gibt keinen Ort, an dem systematisch, von den Ursprüngen bis heute,
die Geschichte der christlichen Präsenz im Heiligen Land erzählt wird.“
Diese
Gesamtschau sei ein wichtiger Punkt, so der Franziskaner – wohl auch mit Blick auf
die Schwächung des Christentums auf dem europäischen Kontinent und die Notwendigkeit
einer Besinnung auf eigene Ursprünge:
„Der andere Grund ist der, dass wir
vor allem den Pilgern, aber auch den Bürgern im Heiligen Land helfen wollen, sich
den Reichtum dieser Geschichte bewusst zu machen und auch den der aktuellen Anwesenheit.
Das Museum wird allen zugänglich sein: Christen, Juden und Muslimen. Das Ziel ist
es, auf positive Weise und ohne Provokationen unsere Geschichte zu präsentieren,
die auch die Geschichte dieses Landes ist, mit dem Wunsch, dass es ein Treffpunkt
für alle wird.“
Was die Museumsanlage betrifft, sollte dieser Wunsch gut
umsetzbar sein: Der 2.000 Quadratmeter umfassende Komplex, der ein archäologisches,
historisches und ein Multimedia-Museum einschließt, befindet sich mitten im Herzen
der Jerusalemer Altstadt an der „Via Dolorosa“, am Kreuzweg Christi.
„Zu
sehen ist hier die Geschichte des historischen Christentums, wie es sich in Jerusalem
zu der Zeit Christi darstellte, an genau diesen Orten. Am Anfang der ,Via Dolorosa’
gibt es dann einen audiovisuellen Teil, der die Geschichte des Kreuzweges und der
Grabeskirche erklärt. Der dritte Teil des Museums auf dem Gelände der Erlöserkirche
hat historischen Charakter: Hier wird erzählt, wie die Kustodie der Heiligen Stätten
funktionierte, angefangen von den Kreuzzügen bis heute, und wie sich die christliche
Gemeinschaft in dieser Zeit entwickelte.“
Bei der Aufbereitung der Geschichte
ergäben sich teilweise erstaunliche Bezüge zur Gegenwart des Christentums, deutet
Pizzaballa an:
„Wir werden uns sofort darüber bewusst, dass einige Phänomene
nicht neu sind und sich vielleicht sogar, in neuem Gewand, wiederholen, mit ähnlichen
Dynamiken. Die Geschichte zu kennen hilft uns, eine realere, konkretere Wahrnehmung
der Gegenwart zu haben und sie auch mit einer gewissen Distanz zu betrachten.“
Weiter
gehe es ganz praktisch darum, Arbeitsplätze zu schaffen, so der Kustos, darunter auch
sehr qualifizierte. Für ihn ist das Projekt eine Investition in die Zukunft des Heiligen
Landes, nicht nur im Sinne der Friedensarbeit. Träger des Projektes ist die Kustodie
des Heiligen Landes mit Sitz in Jerusalem, Rom und Mailand; Pizzaballa ist selbst
Präsident dieser gemeinnützigen Nicht-Regierungsorganisation, die den Titel „ATS Pro
Terra Sancta“ trägt.