Kardinal Kasper: „Auch mit 80 Jahren ist man noch unterwegs“
An diesem Dienstag
wird unter den Kardinälen einer ganz besonders gefeiert. Kardinal Walter Kasper wird
80 Jahre alt und ist somit der älteste wahlberechtigte Kardinal für das Konklave.
Doch nicht nur in Rom gibt es Gratulanten, auch aus Deutschland sendet man ihm herzliche
Grüße.
Erzbischof Zollitsch schickt ihm ganz persönliche Wünsche und ehrt ihn
als prägenden Theologen. Kardinal Kasper habe vor allem in seiner Arbeit im päpstlichen
Rat für die Einheit der Christen die Ökumene voran gebracht. „Für dich ist Ökumene
kein Selbstzweck. Sie zielt immer über sich hinaus auf die Versöhnung und die Einheit
aller Christen. Vieler solcher versöhnenden Wege hast du für Papst Johannes Paul II.
angelegt, ebenso für Benedikt XVI.“, schreibt Zollitsch.
Im Interview mit P.
Bernd Hagenkord zieht Kardinal Kasper Bilanz. Die Jahre haben ihn theologisch verändert:
„Man
lebt mit der Kirche und in der Kirche: Natürlich hat das Konzil mich schon verändert.
Später, als ich vom akademischen in das Bischofsamt übergegangen bin – da wäre es
ja merkwürdig, wenn man von den neuen Herausforderungen nicht auch geprägt würde!
Man wird kein anderer, aber es werden dann plötzlich Aspekte lebendig. Oder die vielen
Reisen in die Dritte Welt, später die vielen Begegnungen mit praktisch allen großen
christlichen Kirchen oder auch mit den Juden: Da tun sich einem neue Fenster auf,
man wächst, reift und wird nachdenklich über vieles. Natürlich hat jeder, wenn er
jung ist, Hoffnungen und Erwartungen, die sich dann später zum Teil als Seifenblasen
herausstellen, aber viele Dinge sind auch in Erfüllung gegangen.“
Das Zweite
Vatikanische Konzil war eine Hoffnung in der liturgischen und biblischen Bewegung
der 50er Jahre. Es sei ihm immer ein Anliegen gewesen, die Früchte des Konzils zu
ernten und in der Theologie der Gegenwart lebendig zu halten, so beschreibt Erzbischof
Zollitsch Walter Kaspers Bemühungen für das Konzil. Doch die Bemühungen und die persönliche
Auseinandersetzung sind für den Kardinal auch mit 80 Jahren nicht abgeschlossen:
„Natürlich
ist das ein unabgeschlossener Prozess, auch mit achtzig Jahren ist man noch unterwegs.
Da kann man nicht einfach sagen, es ist abgeschlossen. Man nimmt nicht mehr so viel
aktiven Einfluss auf die Dinge, das soll man auch nicht, das soll man den Jüngeren
überlassen. Aber ich bin neugierig, wie dieser ganze Prozess weitergeht! Ich bin überzeugt,
er wird weitergehen – und auf eine vermutlich völlig unerwartete Weise weitergehen.“
Der
emeritierte Kurienkanal ging immer mit seinem Bischofswahlspruch „Veritatem in caritate“
(Wahrheit in Nächstenliebe) durch das Leben. Sein Leitmotiv zieht sich wie ein roter
Faden durch die 80 Jahre und sein theologisches Wirken. Nächstenliebe auch denen zeigen,
die nicht vollständig der katholischen Linie folgen. Anfang der 1990er Jahre wagte
er einen Vorstoß in Bezug auf geschiedene Wiederverheiratete. Er überrascht immer
wieder dadurch, dass er frei sagt, was er denkt. Seine Argumentation: das Evangelium.
Wie stark dieses sich durchsetzt, kann er aber auch nicht sagen.
„Ich setze
auf die Überzeugungskraft dieses Evangeliums von Jesus Christus – und wie das konkret
aussehen wird, das ist etwas, das mich noch neugierig hält, auch noch mit achtzig
Jahren! Natürlich kann niemand voraussehen, wie es in hundert Jahren sein wird, aber
ich denke, der Geist Gottes bereitet gegenwärtig in all diesen Mühen und Mühsalen
etwas Neues vor für seine Kirche.“
Das wünscht sich Kardinal Kasper auch
für den nächsten Papst – ein neues Gesicht für das Pontifikat und für die Kirche.
Doch das kommende Konklave ist ihm ein wenig in die Parade gefahren. Eigentlich war
ein Empfang in Wangen geplant, wo seine Schwester wohnt. Und auch die Stuttgarter
wollten, laut Bischof Fürst, den Kardinal hochleben lassen. Doch die Feierlichkeiten
werden nachgeholt. Aber wenn es nach Walter Kasper geht, sicherlich nicht mehr so
ausschweifend.
„Man wird älter, man wird schneller müde und all das; man
will nicht mehr den ganzen Betrieb. Ich möchte nicht mehr so viel herumreisen, wie
ich das nun jahrzehntelang getan habe – aber man soll im Herzen jung bleiben!“