2013-03-03 12:02:12

Libyen: Mehr als 100 ägyptische Christen verhaftet


Die Behörden haben in den letzten Wochen mehr als hundert Christen verhaftet. Die meisten von ihnen sind ägyptische Staatsbürger. Ihnen wird Proselytismus vorgeworfen, also der Versuch der „Abwerbung“ von muslimischen Gläubigen. Das berichtet die Stiftung Pro Oriente an diesem Sonntag. Die letzte Verhaftungswelle sei am letzten Mittwoch erfolgt. Nach Angaben der Stiftung hat ein republikanisches Mitglied im US-Repräsentantenhaus in der Angelegenheit an den US-Außenminister John Kerry geschrieben. Der neue Minister solle sich für eine Freilassung der Christen in Libyen einsetzen. Begonnen hatte die Verhaftungswelle am 4. Februar. Damals waren vier Christen in Bengasi verhaftet worden - ein schwedischer, ein ägyptischer, ein südafrikanischer und ein südkoreanischer Staatsbürger. Ein Polizeisprecher sagte, die Verhafteten hätten Bücher publiziert, in denen „zum Übertritt zum Christentum aufgefordert“ werde.

Das Regime in Libyen hat ein Gesetz aus der Gaddafi-Ära beibehalten, wonach „Proselytismus“ ein Verbrechen ist und sogar mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Verhaftungen der Christen gehen auf das Konto der sogenannten „Abteilung für vorbeugende Sicherheit“. Diese staatspolizeiliche Abteilung wurde von verschiedenen Rebellen-Einheiten im Jahr 2011 begründet und soll islamistisch ausgerichtet sein. Schon vor der Verhaftungswelle gegen Christen war es in Libyen zu antichristlichen Attacken gekommen. So hatten Islamisten im Vorjahr zunächst einen Anschlag auf die orthodoxe Pfarrkirche in Tripoli verübt. Dann waren Gräber von britischen, australischen und indischen Soldaten in Bengasi geschändet worden. Ende Dezember des Vorjahrs wurden zwei ägyptische Christen bei einem Attentat auf eine koptisch-orthodoxe Kirche im Bezirk Misurata getötet, zwei weitere wurden verletzt. Damals hatte der ägyptische Außenminister Kamel Amr von den libyschen Behörden noch eine minutiöse Untersuchung gefordert, während das Ministerium nach der jetzigen Verhaftung von mehr als hundert koptischen Christen stumm blieb.

Zu Jahresbeginn wurde auch die katholische Kirche in Libyen betroffen, vor allem in der Cyrenaika. Nach Drohungen von Seiten islamistischer Aktivisten entschlossen sich die Schwestern der „Kongregation von der Heiligen Familie“ in Derna und die „Franziskanerinnen vom Kind Jesus“ in Barce, ihre Häuser aufzugeben, in denen sie hundert Jahre tätig gewesen waren. In Libyen war die katholische Präsenz nach der Ablösung der osmanischen durch die italienische Herrschaft 1911 stark und wurde ab der Unabhängigkeit 1951 auch von dem aus der an sich islamisch-fundamentalistischen Senussi-Bruderschaft kommenden Königshaus unterstützt. Nach der Machtergreifung Gaddadis 1969 wurden die meisten italienischen Katholiken vertrieben. Im Zuge des wirtschaftlichen Aufbaus des Landes kamen in der Folge aber viele katholische und orthodoxe Christen aus aller Welt nach Libyen.

(kap/rv 03.03.2013 sk)








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