An seinem letzten
Amtstag hat sich Benedikt XVI. an diesem Donnerstagmorgen persönlich von allen in
Rom anwesenden Kardinälen und Kurienerzbischöfen in der vatikanischen Sala Clementina
verabschiedet. In einer kurzen Ansprache dankte er dem Kardinalskollegium für die
knapp achtjährige Zusammenarbeit und rief es zur Einheit auf.
Wir dokumentieren
hier die Ansprache des Papstes in einer Arbeitsübersetzung. Durch Klicken auf das
Lautsprechersymbol hören Sie die Originalansprache des Papstes auf Italienisch und
zuvor das Grußwort von Kardinaldekan Angelo Sodano, ebenfalls in italienischer Sprache.
Verehrte Brüder!
Mit großer Freude empfange ich
euch und grüße jeden von euch ganz herzlich. Ich danke Kardinal Angelo Sodano, der
wie immer die richtigen Worte für das gesamte Kardinalskollegium findet, Cor ad cor
loquitur. Ein herzliches Dankeschön, Eminenz!
Ich möchte euch sagen, und ich
beziehe mich dabei auf die Emmaus-Jünger, dass es auch für mich eine Freude war, mit
euch in diesen Jahren im Lichte der Gegenwart des Auferstanden Herrn zu gehen. Wie
ich gestern vor den tausenden Pilgern gesagt habe, die den Petersplatz füllten, waren
mir eure Nähe und euer Rat eine große Hilfe in meinem Amt. In diesen acht Jahren haben
wir mit Glauben wunderschöne und lichte Momente in der Kirche erlebt, zusammen mit
einigen Momenten, in denen sich einige Wolken am Himmel zeigten. Wir haben versucht,
Christus und seiner Kirche zu dienen mit tiefer und totaler Liebe, die unser Amt belebt.
Wir haben Hoffnung geschenkt, die von Christus kommt, Hoffnung, die allen den Weg
erleuchten kann. Zusammen können wir dem Herrn danken, der uns in der Gemeinschaft
hat wachsen lassen, und ihn zusammen bitten uns zu helfen weiter in dieser tiefen
Einheit zu wachsen, damit das Kardinalskollegium wie ein Orchester ist, in dem die
unterschiedlichen Ausdrucksformen der Weltkirche immer in eine höhere und einstimmige
Harmonie einstimmen.
Ich möchte euch einen einfachen Gedanken hinterlassen,
der mir sehr am Herzen liegt, einen Gedanken über die Kirche und ihr Amt, der für
uns alle – so kann man sagen – die Vernunft und die Leidenschaft des Lebens bedeutet.
Ich lasse mir von einer Beobachtung von Romano Guardini helfen, die er im Jahr schrieb,
als das Zweite Vatikanische Konzil die Konstitution Lumen Gentium billigten. Es ist
eine persönliche Widmung am Ende seines letzten Buches, auch an mich – deshalb sind
mir diese Worte besonders teuer. Guardini sagt: „Die Kirche ist keine erfundene Institution,
die am Tisch erschaffen wurde, sondern eine lebendige Realität. Sie lebt entlang dem
lauf der Zeit auf die Zukunft gerichtet, wie jedes Lebewesen, und verändert sich.
Und doch bleibt sie immer dieselbe, ihr Herz ist Christus. Die Erfahrung von gestern
auf dem Petersplatz hat mir gezeigt, dass die Kirche ein lebendiger Körper ist, der
vom Heiligen Geist inspiriert ist und der wirklich von der Kraft Gottes lebt. Sie
ist in der Welt, aber nicht von der Welt. Sie ist von Gott, vom Geist.
Deshalb
ist auch die andere Formulierung von Guardini wahr und redlich: „Die Kirche erwacht
in den Seelen.“ Die Kirche lebt, wächst, erwacht in den Seelen, die wie die Jungfrau
Maria das Wort Gottes aufnehmen und es als Werk des Heiligen Geistes verstehen, die
Gott ihr eigenes Fleisch anbieten und die gerade in der eigenen Armut und Demut dazu
fähig werden, Christus heute in der Welt zu zeugen. Durch die Arbeit der Kirche bleibt
das Geheimnis der Fleischwerdung für immer. Christus geht weiter durch alle Zeiten
und Orte.
Bleiben wir vereint, liebe Brüder, in diesem Geheimnis, im Gebet,
besonders in der täglichen Eucharistie. So dienen wir der Kirche und der gesamten
Menschheit. Das ist unsere Freude, die niemand uns wegnehmen kann.
Bevor ich
euch persönlich grüße, möchte ich euch sagen, dass ich euch weiter mit dem Gebet nahe
sein werde, vor allem in den nächsten Tagen, bis ihr den Heiligen Geist bei der Wahl
des neuen Papstes spürt. Möge der Herr euch zeigen, was er von euch will. Schon heute
verspreche ich dem neuen Papst meine bedingungslose Ehrerbietung und meinen bedingungslosen
Gehorsam.
Deshalb gebe ich euch von Herzen meinen Apostolischen Segen. +