Wehmut, Dankbarkeit
und auch ein wenig Stolz auf den deutschen Papst – mit diesen Gefühlen verabschiedet
sich die deutsche Kirche von Benedikt XVI.. Deutsche Kirchenvertreter, Politiker und
Delegationen aus Deutschland waren zur letzten großen Generalaudienz des Papstes an
diesem Mittwoch nach Rom gekommen. Darunter war auch der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz Robert Zollitsch. Der Freiburger Erzbischof fasste die Gefühle der
deutschen Papstanhänger vor Journalisten in Worte:
„Danke, Papst Benedikt!
Ich bin froh, dass er diese Aufgabe acht Jahre lang in dieser Weise wahrgenommen hat
und ich wünsche ihm, wenn er nun am Donnerstag aus dem Amt scheidet, Gottes Segen!
Wir werden zur gleichen Stunde, wenn er in Rom Abschied nimmt, in Berlin einen Dankgottesdienst
feiern und wollen dort auch noch einmal zeigen: Wir Deutschen sind froh und dankbar
für diesen Papst, und das wollen wir zum Ausdruck bringen!“
Zollitsch würdigte
Benedikt XVI. als „großen Theologen“ und als Papst mit Weitblick für die Zukunft der
Kirche. Das habe er selbst auch in persönlichen Gesprächen mit dem Papst immer wieder
gespürt.
„Mit Papst Benedikt verlässt einer der größten Theologen auf dem
päpstlichen Stuhl sein Amt, darüber lohnt es sich nachzudenken. Er hat durch seine
Theologie, früher als Professor, als Kardinal und jetzt noch mal durch die drei Jesusbücher,
die Kirche entscheidend geprägt. Er ist ein Mann des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Ich habe gestaunt, wie er jetzt noch einmal neu sagt, dass er glaubt, dass die eigentliche
Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, nämlich die richtige Deutung, jetzt erst noch
kommt. Dafür hat er viel investiert.“
Benedikt XVI. ist ein „Mann, der
Brücken baut und Brücken gebaut hat“, so Zollitsch weiter. Der Erzbischof nannte hier
die Schritte des deutschen Papstes auf die anderen christlichen Konfessionen und die
anderen monotheistischen Religionen zu – den Islam und das Judentum. Seine Bemühungen
um den rechten Rand der Kirche hätten ihn freilich an Grenzen gebracht, räumte der
Erzbischof - mit Blick auf die Priesterbruderschaft St. Pius X. - weiter ein :
„Er
hat darunter gelitten, dass er nicht richtig verstanden und seine Anliegen dort nicht
aufgenommen wurden. Aber er wird als großer Beter, der er immer war, diese Anliegen
weiter vor Gott tragen: Insofern verlieren wir ihn nicht ganz, wir wissen ihn hier
im Vatikan als Beter mitten unter uns: Und ich persönlich habe immer die Erfahrung
gemacht, dass das Gebet eine große Kraft hat. Und ich traue dem Gebet des Papstes
auch eine große Kraft zu.“
Wie kann die Kirche heute Gott den Menschen
wieder nahe bringen? Diese Frage sei für den Papst zentral gewesen, so Zollitsch;
Benedikt habe sie in konkrete Taten übersetzt.
„Er hat gespürt, dass wir
neue Initiativen brauchen – darum auch das Jahr des Glaubens, die Bischofssynode zur
Frage der Neuevangelisierung und die Einrichtung des Rates für die Neuevangelisierung,
weil er – wie er selber sagt – spürt: Es muss heute eine neue Sprache gefunden werden,
es muss der Glaube neu übersetzt werden, in die Herzen der Menschen hineingesprochen
werden. Und ich habe erlebt, dass er ein Mensch ist, der zuhören kann und einen ungeheuer
ernst nimmt.“
Dass mit Abtreten des deutschen Papstes die deutsche Kirche
nun keine Stimme mehr im Vatikan habe, befürchtet Zollitsch nicht. Er selbst werde
als Vertreter der deutschen Bischöfe den Kontakt nach Rom jedenfalls halten, kündigte
der Vorsitzende der deutschen Bischöfe an:
„Wir haben Leute im Vatikan,
die wir gut kennen. Und ich werde auch weiter das Gespräch mit dem Vatikan suchen.
Ich war ja auch jedes Mal, wenn ich in Rom war, mit den Präfekten der Kongregationen
im Gespräch... Und das werden wir weiter suchen, denn die Kirche in Deutschland ist
sicher auch eine Kirche, die Gewicht hat in Rom. Auch wenn wir nicht so tun sollten,
als seien wir gerade der ,Nabel der Welt‘, denn die katholische Kirche ist ja eine
weltweite Kirche. Ich habe gerade bei der Bischofssynode im Oktober gespürt, dass
die zentralen Fragen die Kirche weltweit beschäftigen und nicht allein die Kirche
in Deutschland. Auch wenn manche Fragen in Mitteleuropa vielleicht schneller gestellt
sind als in anderen Ländern.“
Könnte sich der deutsche Erzbischof in diesem
Kontext auch einen nicht-europäischen Papst vorstellen, über den im Vorfeld des Konklaves
ja bereits spekuliert wird?
„Ich kann mir durchaus vorstellen, dass nun
ein Papst auch aus einem anderen Kontinent kommt, weil von der Zahl der Katholiken
her der Schwerpunkt nicht mehr Europa ist. Natürlich wird Europa immer eine tragende
und zentrale Rolle spielen. Aber ich würde einen Papst aus der dritten Welt, aus einem
anderen Kontinent sehr gerne begrüßen. Was aber nicht heißt, dass ich Angst hätte,
wenn ein Italiener Papst wird.“
Dankgottesdienste für den Papst in
Rom und Berlin
Erzbischof Zollitsch feierte an diesem Mittwochnachmittag
mit deutschen Pilgern in Rom einen Dankgottesdienst für Papst Benedikt XVI. Die Veranstaltung
fand in der Kirche „Santa Maria in Traspontina“ an der Via della Conciliazione statt.
Am Donnerstag findet dagegen in Berlin ein bundesweiter Dankgottesdienst für das Pontifikat
von Papst Benedikt XVI. statt. An dem Gottesdienst in der Sankt Hedwig-Kathedrale
werden auch der Berliner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, und der Apostolische
Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Périsset, teilnehmen.