Heiliges Land: Große Herausforderungen für Christen
Die Zahl der arabischen
Christen im Heiligen Land ist „alarmierend rückläufig“: Das hat William Shomali, Weihbischof
des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, am Wochenende in Wien bei einem Vortrag
betont. Über eine Million Christen aus Palästina bzw. Israel leben heute in der Diaspora.
Ohne eine politische Lösung des Palästinakonflikts sei der Fortbestand der christlichen
Gemeinden, insbesondere in den drei christlichen Zentren Jerusalem, Bethlehem und
Nazareth, ernsthaft gefährdet, so Shomali.
„Wir beten täglich für
den Frieden in dem Wissen, dass der Herr der Herr der Geschichte ist und dass der
Friede ein Geschenk von ihm ist und nicht das Ergebnis diplomatischer Bemühungen,
die bislang völlig versagt haben.“
Derzeit gebe es für die Christen im
Heiligen Land sechs „große Herausforderungen", unterstrich Shomali, der 2005 zum Regens
des Priesterseminars des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem in Beit Jala und
2010 zum Weihbischof ernannt wurde: Das Miteinander der verschiedenen katholischen
Teilkirchen, der ökumenische Dialog mit den anderen Christen, der interreligiöse Dialog
mit Juden und Muslimen, der Friedensprozess, die wirtschaftlichen Verhältnisse und
eben die Emigrationsbewegung der Christen.
„Das Schicksal der christlichen
Gemeinschaft und ihr Überleben hängen von der Entwicklung des Friedensprozesses und
der Fähigkeit unserer Christen ab, als freie und gleichberechtigte Bürger inmitten
der muslimischen und jüdischen Mehrheitsgesellschaften zu leben.“
Der Jerusalemer
Weihbischof machte in Wien aber auch die wirtschaftlichen Probleme deutlich: So betrage
das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in den palästinensischen Gebieten 2.000 US-Dollar,
in Israel hingegen 28.000 US-Dollar. Bei den Palästinensern gebe es dreißig Prozent
Arbeitslose, bei den Israelis fünf Prozent. Die wirtschaftliche Entwicklung in den
palästinensischen Gebieten werde durch das Fehlen eines Hafens und eines Flughafens,
durch die zögerliche Erteilung von Arbeits- und Baugenehmigungen, durch den Wassermangel,
der vor allem die Landwirtschaft treffe, und durch die Strukturschwäche erschwert.
Als enormes Problem bezeichnete der katholische Bischof die israelische Siedlungspolitik,
die die Palästinenser langsam zermürbe.
„Wir leben in einer angespannten
Situation, sowohl Israelis als auch Palästinenser – aber mehr die Palästinenser. Es
haben sich eine Menge Frustration und Bitterkeit angestaut. Die Gewalt könnte jederzeit
wieder ausbrechen und nicht nur das Heilige Land, sondern den gesamten Nahen Osten
mit sich reißen.“