Kardinal Walter Kasper ist der älteste unter den wahlberechtigten Kardinälen. Der
emeritierte Kurienkardinal wird zwar am 5. März 80 Jahre alt und ist damit bei Beginn
des Konklaves bereits jenseits der Altersgrenze; nach der Papstwahlordnung bleibt
er aber stimmberechtigt, weil er bei Eintritt der Sedisvakanz noch 79 war.
Kasper
war von 2001 bis 2010 Präsident des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen
und damit oberster Beauftragter für die Ökumene. Vor seinem Wechsel in den Vatikan
1999 war er für zehn Jahre Bischof von Rottenburg-Stuttgart; sein Wahlspruch lautet
„Veritatem in caritate“ – „Wahrheit in Liebe (sagen)“. Kasper war weiter Vorsitzender
der Kommission Weltkirche und Stellvertretender Vorsitzender der Glaubenskommission
der Deutschen Bischofskonferenz. Über Jahrzehnte hinweg prägte er die deutsche Kirche
und die Weltkirche mit.
Kasper promovierte in Tübingen, wo er sich beim Theologen
Hans Küng habilitierte. Später lehrte er Dogmatik in Münster und Tübingen. Sich mit
Ökumene auseinanderzusetzen, war ihm „natürlich“, gibt er heute rückblickend an. Bereits
als Student in Tübingen habe er evangelische Vorlesungen besucht, und zwar schon vor
dem Zweiten Vatikanischen Konzil: „Es war spannend, diese andere Theologie kennenzulernen.“
Als prägend beschreibt Kasper den ökumenischen Aufbruch im Kontext der historischen
Bischofsversammlung im Vatikan, auch wenn er selbst dabei nicht direkt beteiligt war.
Während des Konzils sei die ökumenische Bewegung „so richtig auf die Tagesordnung“
gekommen. Allerdings sei das Konzil bis heute „noch nicht ausgeschöpft“ worden, so
der Kardinal. Im Verhältnis zwischen Papst und Bischöfen oder bei der Stellung der
Laien in der Kirche gebe es etwa „noch viel zu tun“, so der langjährige Präsident
des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Den Konzilsvätern sei
es um eine „umfassende Erneuerung der Kirche aus ihrem Ursprung heraus“ gegangen –
das Konzil darf deshalb nicht „nur auf ein paar Schlagworte“ reduziert werden.
Johannes
Paul II. erhob Kasper wie Karl Lehmann im Jahr 2001 zum Kardinal. Im selben Jahr ernannte
Benedikts Vorgänger ihn auch zum Präsidenten des päpstlichen Einheitsrates, der für
Ökumene-Fragen und für die religiösen Beziehungen zum Judentum zuständig ist. Die
Ökumene fasste Kasper in einem Interview so in Worte: Es gebe ein „gemeinsames Fundament
in Jesus Christus, in der einen Taufe sind wir fundamental schon eins. Und auf dieser
Grundlage versucht man durch einen Austausch der Ideen – so hat es Johannes Paul II.
definiert – einander näher zu kommen, voneinander zu lernen und so immer mehr eins
zu werden in Jesus Christus.“
Benedikt XVI. bestätigte Kasper 2005 im Amt des
Präsidenten des päpstlichen Einheitsrates, bis der deutsche Papst dann im Jahr 2010
– nach zweimaliger Ablehnung – Kaspers Rücktrittsgesuch annahm, das dieser aus Altersgründen
vorgebracht hatte. Kaspers Nachfolger ist der Schweizer Theologe und Kurienkardinal
Kurt Koch.
Kardinal Kasper ist Mitglied der Glaubenskongregation, der Kongregation
für die orientalischen Kirchen, der Apostolischen Signatur, des Päpstlichen Rates
für die Gesetzestexte und des Päpstlichen Rates für die Kultur. Weiter war Kasper
Mitglied der Kommission Glaube und Kirchenverfassung des Weltkirchenrates (ÖRK) und
der Internationalen Theologenkommission in Rom. Er nahm als Kardinal an dem Konklave
teil, das am 19. April 2005 Joseph Ratzinger zum Papst wählte.
Papst Benedikt
XVI. ist nach Ansicht des deutschen Kurienkardinals Walter Kasper in seinem Pontifikat
mit einer bedeutend schwierigeren Situation als sein Vorgänger Johannes Paul II. konfrontiert
gewesen. Schwierigkeiten hätten sich vor allem aus einer verschärften Säkularisierung
und der veränderten Weltlage nach dem Kalten Krieg ergeben, sagte Kasper in diesen
Tagen im Vatikan. Der scheidende Papst habe zunächst den Glauben vertiefen und festigen
wollen, weil dies vor den von vielen erwarteten Reformen stehen müsse. „Er hat dabei
sehr viel zur Konsolidierung der Kirche im Glauben und zur Vertiefung des Glaubens
beigetragen“, betonte Kasper.
Der künftige Papst muss aus Kaspers Sicht Reformen
in der Kurie angehen. „Denn es läuft nicht alles so, wie es in der heutigen Situation
laufen müsste.“ Zugleich sollte der neue Papst seiner Ansicht nach „in erster Linie
ein Hirte sein, der die Menschen im Herz berührt und ihre Sprache findet“. Weiter
müsse er die sich radikal verändernde Weltsituation im Blick haben: „Europa ist nicht
mehr Zentrum“, so der älteste Wähler des anstehenden Konklaves.