Kardinal Karl Lehmann ist einer der sechs deutschen wahlberechtigten Kardinäle im
bevorstehenden Konklave. Lehmann wurde 2001 von Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand
erhoben. Der frühere Dogmatik-Professor ist seit 1983 Bischof von Mainz, sein Wahlspruch
ist „State in Fide“, „Steht fest im Glauben“ aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther.
Von 1987 bis 2008 war Lehmann Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Lehmann,
der große Teile seiner Ausbildung in Rom absolvierte und an der päpstlichen Universität
Gregoriana in Philosophie und Theologie promovierte, ist international als Theologe
bekannt und gilt als ein prägendes Gesicht der Katholizismus in Deutschland.
Lehmanns
Wahl in das Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz kam überraschend;
eigentlich wurde Kardinal Friedrich Wetter als Kandidat gehandelt. Über die Frage
der gesetzlichen Schwangerenkonfliktberatung in Deutschland eckte Lehmann in den 1990er
Jahren mit dem Vatikan an: Er kämpfte gegen einen Ausstieg der katholischen Kirche
aus dem Beratungsangebot, musste sich aber letztlich dem Machtwort von Papst Johannes
Paul II. beugen. Seine „Zustimmung zum Papst“ sei „daran gewachsen“, sagt der Kardinal
heute. Dass er sich damals fügen musste, gehört für ihn „eben auch zum Amt eines katholischen
Bischofs und Theologen“. In seiner über 20-jährigen Amtszeit wurde Lehman als Vorsitzender
der Deutschen Bischofskonferenz vier Mal wiedergewählt, 2008 trat er aus gesundheitlichen
Gründen von dem Amt zurück.
Ein Schwerpunkt von Lehmanns Wirkens heute ist
die Ökumene. Seit 1984 ist er Mitglied des Kontaktgesprächskreises zwischen Spitzenvertretern
der katholischen (DBK) und der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD); weiter ist
er Mitglied und katholischer Vorsitzender des Evangelisch-Lutherischen/Römisch-Katholischen
Gesprächs zwischen dem Lutherischen Weltbund und dem Päpstlichen Rat zur Förderung
der Einheit der Christen. Lehmann ist weiter Mitglied im päpstlichen Rat für die Förderung
der Einheit der Christen.
Lehmann hat in vielen Fragen zu Politik, Gesellschaft
und Religion Stellung bezogen und gilt als „liberal“, was er jedoch nicht als „standpunktlos“
missverstanden wissen will: „Liebe zur Kirche und Treue zum Papst schließen Kritik
an reformbedürftigen Zuständen nicht aus, sondern ein“, sagt er. Prägend für den Geistlichen
war die Erfahrung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ab 1962 war er in Rom als Mitarbeiter
des offiziellen Konzilsberaters und Jahrhundert-Theologen Karl Rahner tätig: „Natürlich
waren wir für die so genannten Progressiven“, sagt er rückblickend auf das historische
Ereignis.
Papst Benedikt wird für Lehmann als „großer Lehrer des Glaubens in
die Geschichte des Papsttums eingehen.“ In schwierigen Zeiten habe der Papst „nach
Innen und Außen die Schätze der Heiligen Schrift und der großen kirchlichen Tradition
aus fast zwei Jahrtausenden“ glaubwürdig, einsichtig und wirkungsvoll ausgelegt, sagte
Lehmann nach der Rücktrittsankündigung des deutschen Papstes. Von der Einheit der
Kirche habe der Papst ein „sehr tiefes Konzept“, fügte er an.