Eigentlich hatte Kardinal Joachim Meisner gar nicht mehr damit gerechnet, noch einmal
an einem Konklave teilzunehmen: Schließlich wird der Erzbischof von Köln am Weihnachtstag
2013 achtzig Jahre alt und verliert damit das Recht auf die Papstwahl. Der Rücktritt
von Papst Benedikt, dem Meisner eng verbunden war, macht dem gebürtigen Schlesier
nun den Einzug in ein Konklave doch noch möglich.
Meisner wurde 1933 im damals
deutschen Breslau, heute Schlesien, geboren. Bis kurz vor dem Fall der Berliner Mauer
war die DDR Schauplatz seines Wirkens: 1962 empfing er in Erfurt die Priesterweihe,
1975 ernannte Papst Paul VI. Meisner, der zwischenzeitlich seinen Dr. theol. in Rom
gemacht hatte, zum Erfurter Weihbischof. Meisners kirchliche Karriere kam in Schwung,
als 1978 ein anderer Kirchenmann aus dem damaligen Ostblock zum Papst gewählt wurde:
Der neue Pontifex Johannes Paul II. hatte, als er noch Krakauer Erzbischof war, Meisner
1975 in Erfurt kennen- und schätzengelernt. Er berief Meisner 1980 auf den Stuhl des
Berliner Bischofs; die Stadt war noch geteilt, das Bistum war noch nicht zum Erzbistum
erhoben. 1983 gliederte der Papst Meisner im Vatikan in das Kardinalskollegium ein.
Es löste ein mittleres Erdbeben in der westdeutschen Kirche aus, als Johannes
Paul den Berliner Bischof Anfang 1989 von Ost- nach Westdeutschland versetzte: Trotz
Protesten und in trickreicher Anwendung der Verfahrensregeln machte er Meisner zum
Erzbischof von Köln. Als der 94. Nachfolger des heiligen Maternus, der von seiner
Versetzung genauso überrascht war wie alle anderen, in den Hohen Dom am Rhein einzog,
mußte er von Polizei und Sicherheitskräften vor Demonstranten geschützt werden. Meisner
nahm`s mit Humor, Streitlust und Gottvertrauen – Eigenschaften, die ihn auszeichnen
und mit denen er sich seither im Bistum und in der deutschen Kirche viele Freunde
(und einige Gegner) gemacht hat. Seine immer eigenwilligen, oft unbequemen Wortmeldungen
haben dazu beigetragen, dass er eine Zielscheibe der Medien ist.
Meisner ist
Mitglied in mehreren Vatikan-Kongregationen, darunter der wichtigen Kongregation für
die Bischöfe; innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz leitet er die Liturgiekommission.
Besonders am Herzen liegt ihm eine neue Evangelisierung in Europa. „Dadurch, dass
wir quasi die Dimension der Mission vergessen haben, hat die Kirche ihre eigene Vitalität
auch in Europa verloren“, äußerte er einmal 2006 im Interview mit Radio Vatikan. Immerhin
gelinge es seit einigen Jahren wieder, „das in das Bewusstsein der Kirche zurückzuholen“.
Meisner wörtlich: „Die Kirche muss missionarisch sein, wenn sie die Kirche Jesu Christi
sein will. Das ist der Punkt, an dem wir jetzt stehen.“