Er kann die kritischen
Stimmen verstehen, sehe aber in der Entscheidung des Papstes vor allem seinen Mut.
So kommentiert der Erzbischof von Mumbai, Kardinal Oswald Gracias den angekündigten
Rücktritt Benedikt XVI.. Der indische Kardinal beschreibt im Radio Vatikan-Interview
seine Gefühle in dem Moment, als er von dem historischen Schritt des Papstes erfahren
hat.
„Ich würde sagen, es war mit unglaublicher Überraschung, aber auch
ein wenig Traurigkeit, dass ich die Nachricht von dieser Entscheidung des Papstes
aufgenommen habe. Dieser Rücktritt drückt wirklich seine tiefe Liebe für die Kirche
aus, aber auch seinen Mut, etwas zu tun, was seit langer Zeit kein Papst mehr getan
hat. Er liebt die Kirche und hat befürchtet, dass ihr durch seine mangelhafte Gesundheit
Nachteile entstehen könnten. Er wird erinnert werden für seinen brillanten Scharfsinn
und seinen unverrückbaren Glauben. Er ist eine sehr religiöse Person, mutig und doch
so bescheiden Wenn ich die letzten Jahre seines Pontifikates betrachte, so muss ich
sagen, das Erbe dieses Papstes ist unglaublich groß. Er leitete die Kirche mit, so
würde ich sagen, prophetischer Einsicht, Kraft und spiritueller und theologischer
Grundlage. Alle seinen Handlungen sind geleitet worden durch tiefes Gebet und Reflexion
über das Wohl der Kirche. Indien liebt Papst Benedikt und betet für ihn.“
Es
gab allerdings auch kritische Stimmen zum Rücktritt des Papstes, die der Auffassung
sind, Papst Benedikt hätte sein ihm anvertrautes Amt noch weiter ausführen sollen,
auf Gott und seinen Glauben gestützt. Doch Kardinal Gracias ist nicht der Ansicht,
dass der historische Schritt des Papstes etwas mit mangelndem Gottvertrauen zu tun
habe.
„Ich kann die Kritiker verstehen, denn die Entscheidung kam so unerwartet,
dass ich selbst im ersten Moment an einen Scherz geglaubt habe und erst einmal nachgeprüft
habe, ob es sich wirklich so verhält. Doch ich respektiere seine Entscheidung. Ich
denke, er ist zu dieser Entscheidung nach Gebet und reiflicher Überlegung gekommen,
und ich denke, er hat seine Entscheidung für das Wohl der Kirche getroffen.“
Der
kommende 22. Februar ist durch den Kardinal zu einem besonderen Tag des Dankes der
indischen Kirche für das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. bestimmt worden. An diesem
Tag wird das Fest der „Kathedra Petri“ gefeiert und der Einsatz des Papstes für Indien
und sein theologisches Schaffen sollen gewürdigt werden. Die Schriften von Benedikt
XVI. hätten mit „intellektueller Klarheit und akademischer Brillanz“ u.a. eine Basis
der Verständigung mit den Muslimen geschaffen. Dies sei für Asien besonders wichtig,
so Kardinal Gracias, da dort die Mehrheit der Muslime lebe.