Der Papst schweigt
– es redet Kardinal Ravasi. Zehn Tage vor seinem Rückzug vom Amt nimmt Benedikt XVI.
an den üblichen Fastenexerzitien für die Kirchenleitung in einer Kapelle des Apostolischen
Palastes teil. Sie werden gehalten vom Präsidenten des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal
Gianfranco Ravasi. Thema: die Psalmen. Ravasis Hauptthese an diesem Dienstag: Auch
die Geschichte ist ein Ort der Offenbarung Gottes.
„Die Geschichte muss
immer unser Ort sein, um unserem Herrn zu begegnen. Auch wenn sie ein skandalöses
Terrain ist, auch wenn wir hier manchmal nur dem Schweigen Gottes begegnen oder der
Verherrlichung des Menschen.“
Durch die Brille der Hoffnung lasse sich
immerhin verstehen, dass die Geschichte nicht eine Abfolge von Ereignissen ohne zusammenhaltenden
Sinn ist, sondern Schauplatz eines Heilsgeschehens. Das lasse sogar das Klagebuch
Hiob aus dem Alten Testament begreifen:
„Mithilfe der Hoffnung können
wir gewiss sein, nicht einem unergründlichen Verhängnis einfach ausgeliefert zu sein.
Unser Gott definiert sich in Exodus 3 selbst in der ersten Person ,Ich‘ und mit dem
grundlegenden Verb ,Ich bin‘. Er ist also handelnde Person, und darum können wir zu
ihm ein Verhältnis aufbauen: des Vertrauens, des Sprechens, des Kontakts.“
Es
sei kein Zufall, so Kardinal Ravasi, dass das Neue Testament den Messias vor allem
im Spiegel der Psalmen deutet.
„Wir sollten häufiger innehalten und
die Figur des Christus, des Messias als etwas sehen, das in sich den Atem des Alten
Testaments trägt und es zur Vollendung bringt!“