2013-02-15 10:59:57

Menschenhandel: Ausbeutung vor aller Augen


RealAudioMP3 Mindestens 180 Menschen sind im vergangenen Jahr beim Versuch gestorben, von Süden her die EU zu erreichen. Das geht einer informellen Aufstellung des Innenministeriums hervor, wie der NDR in der vergangenen Woche berichtete. Beamte der Bundespolizei, die im Ausland für die EU-Grenzschutzagentur Frontex arbeiten, hätten die Zahlen zusammengetragen. Allein 80 von diesen 180 Menschen seien bei zwei Bootsunglücken ums Leben gekommen.

Diese Meeresüberquerungen mit den Folgen von Bootsunglücken und den Flüchtlingslagern zum Beispiel auf der italienischen Insel Lampedusa ist aber nur ein kleiner Teil der Flüchtlingsbewegung in die EU. Das sagt die Beauftragte für den Kampf gegen Menschenhandel der OSZE, Maria Grazia Giammarinaro im Interview mit Radio Vatikan. Am vergangenen Wochenende hat sie in Rom Vertreter Italiens und mehrer afrikanischer Staaten getroffen, um gemeinsame Strategien gegen Menschenhandel zu entwickeln. Dieses Treffen und eine Konferenz zum Thema Menschenhandel markierte den ersten Schritt einer ganzen Reihe von Initiativen entlang des Mittelmeeres, um auf Ausbeutung aufmerksam zu machen, so Giammarinaro:

„Viele Menschen verschwinden einfach in der Schattenwirtschaft. In ihrer sozialen Ungeschütztheit, die mit ihrem irregulären Flüchtlingsstatus zu tun hat, werden sie von Mittelsleuten ausgenutzt, vom organisierten Verbrechen, Schmugglern, Menschenhändlern und skrupellosen Arbeitgebern. Wir wollen auf diese Wirklichkeit Licht werfen. Diese Menschen wollen nur ein besseres Leben für sich und ihre Familien und finden sich in Ausbeutung wieder, manchmal sogar in Sklaverei ähnlichen Bedingungen.“

Licht auf die Sache zu werfen bedeute aber nicht, dass das Phänomen an sich heimlich geschehe, im Gegenteil. Es sei eine Frage des Hinsehen Wollens. Die Ausbeutung von Flüchtlingen geschehe offen und sichtbar.

„Wir sehen diese Ausbeutung auf den Feldern in der Landwirtschaft, in Bauprojekten. Wir sehen sie weniger in Haushalten, denn das ist eine Ausbeutungsform, die sehr versteckt wird. Das Problem ist, dass das oft gar nicht als Ausbeutung gesehen wird. Man kann oft hören, wie Leute sagen, dass diese Menschen zwar sehr viel weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen, aber es ihnen immer noch besser geht als zu Hause. Und das ist ein sehr, sehr gefährliches kulturelles Muster, denn es rechtfertigt Ausbeutung.“

Diese Schattenwirtschaft gelte es beim Namen zu nennen und ihr einen Riegel vorzuschieben, wenn es Europa wirklich ein Anliegen sei, die Würde aller Menschen zu schützen.

„Im arabischen Frühling hat ein Prozess in vielen Ländern begonnen, mit denen wir bislang eng zusammen gearbeitet haben. Hier kommen nun politische Instabilität, Spannungen, wirtschaftliche Krise dort und auch in Europa. All das sind Risikofaktoren, die wir sehr genau im Blick behalten müssen, denn es sind genau diese Gründe, die Menschen dazu bringen, unter unsicheren Bedingungen zu fliehen.“

(rv 11.02.2013 ord)







All the contents on this site are copyrighted ©.