„Er hat den jüdisch-katholischen Dialog fest in der Kirche verankert“
In das Kleid der Kirche
hat Benedikt XVI. den jüdisch-katholischen Dialog fest „eingewebt“ – so würdigt der
Rabbiner David Rosen das Pontifikat des deutschen Papstes. Benedikt XVI. habe die
Beziehungen zwischen Judentum und Christentum gefestigt und das Erbe seines Vorgängers
fortgeführt – so werde er der jüdischen Weltgemeinschaft im Gedächtnis bleiben. Die
Rücktrittserklärung des Papstes wertet der internationale Direktor des amerikanisch-jüdischen
Komitees für interreligiöse Angelegenheiten als Geste der Kohärenz und der Verantwortung.
Rosen sagte im Interview mit Radio Vatikan:
„Es ist eine mutige Entscheidung,
die von einem unverfälschten Zugang zum Papstamt als Dienst zeugt: also kein autoritärer
Zugang, sondern ein Amtsverständnis, das die Verantwortung des Dienstes an seiner
Gemeinschaft, an seinen Gläubigen und an der Welt sieht. Ich denke, dass Papst Benedikt
in dieser Hinsicht in höchster Weise versucht hat, kohärent zu sein.“
Die
jüdische Weltgemeinschaft werde Benedikt XVI. immer als Fortführer des Erbes von Papst
Johannes Paul II. erinnern, was den Dialog mit dem Judentum betrifft. Benedikt habe
die Neuerungen des polnischen Papstes Johannes Paul II. befestigt:
„Das
ist denke ich sehr wichtig. Von Anfang an, mit seinen ersten Worten hat er betont,
dass er den Weg Johannes Paul II. weitergehen würde. Sein erster Besuch an einem anderen
Gebetsort ist die Synagoge in Köln gewesen; dann hat er jüdische Delegationen empfangen.
Und dann ist er, vor allem, mit seinem ersten Besuch in der römischen Synagoge und
mit der Visite im Heiligen Land, wo er religiöse und politische Führer traf, den Spuren
Johannes Paul II. gefolgt. Zuvor konnte man sagen, dass Johannes Pauls Handlungen
eigen waren, es waren Gesten eines Mannes, der eine besondere persönliche Geschichte
hatte – er war ja von Kindheit an mit der jüdischen Gemeinschaft verbunden. Benedikt
XVI. tat dieselben Dinge wie Johannes Paul II. und ging vielleicht hinsichtlich einiger
Aspekte sogar über sie hinaus – sicher, was die Quantität und vielleicht auch die
Qualität seines persönlichen Engagements betrifft. Er hat so sein Handeln nahezu in
die Struktur der Kirche eingewebt. Es waren in der Tat nicht allein Aktionen eines
Individuums, sondern Werk der Kirche. Und ich denke, dass er in dieser Hinsicht eine
Art Modell für seinen Nachfolger konstituiert hat. Wir werden auf Benedikts Pontifikat
als ein Pontifikat zurückblicken, das eine Bedeutsamkeit in der Stärkung der außergewöhnlichen
Errungenschaften im Bereich der Beziehungen zwischen Juden und Katholiken hat.“
Mit Blick auf die konsolidierten Beziehungen darf für den Rabbiner hinter
das Werk Johannes Paul II. und Benedikt XVI. kein Weg zurückführen. David Rosen formuliert
zwei Wünsche für die Zukunft der katholischen Kirche:
„Als Freund der
Kirche ist mein erster Wunsch, dass die Kirche mit dem gleichen Einsatz geführt wird,
der ihr in der letzten Zeit zukam. Aus meiner speziellen Sichtweise heraus, als Rabbiner
und als Person, die im jüdisch-katholischen Verhältnis engagiert ist, bete ich dafür,
dass der Nachfolger Benedikt XVI. eine Person ist, die in diesem Bereich die gleiche
Verpflichtung fühlt wie Benedikt und Johannes Paul II.“