2013-02-13 09:25:03

„Benedikt als Mönch? Gut vorstellbar"


„Wenn ein Papstrücktritt zu erwarten war, dann der von Joseph Ratzinger.“ So schätzt der im Vatikan tätige Priester Thomas Frauenlob den Aufsehen erregenden Schritt Benedikt des XVI. ein. Frauenlob kennt Ratzinger seit langer Zeit: Vor seiner Berufung an die vatikanische Bildungskongregation leitete er das Studienseminar Traunstein. Dort hatten seinerzeit Joseph Ratzinger und sein Bruder Georg studiert, und beide verbrachten später, längst zu Priestern geweiht, zahlreiche Sommerurlaube dort. Gudrun Sailer erreichte Thomas Frauenlob, der an diesem Mittwoch seinen 50. Geburtstag feiert, telefonisch im Heimaturlaub im Chiemgau.

„Wenn ein Papstrücktritt zu erwarten war, dann der von Joseph Ratzinger. Das passt sehr gut zu ihm, weil er an diese Dinge leidenschaftslos und sehr rational herangeht. Er sieht, wie er ja selbst im Konsistorium am Montag bekundet hat, dass seine Kräfte schwinden und dass er das Amt sozusagen nicht mehr in der notwendigen Art ausüben kann. Darum ist es für einen Denker wie ihn eine logische Konsequenz, da eine Änderung vorzunehmen.“

Das heißt, Leute, die ihn besser gekannt haben, so wie Sie, sind gar nicht überrascht?

„Ich habe es eigentlich nicht für möglich gehalten, weil ja die Tradition ein so schweres Gewicht hat hier und die Erfahrungen mit dem einen Papstrücktritt Coelestin V. ja doch irgendwie ganz eigenartig sind. Andererseits, andere Zeiten erfordern oft andere Maßnahmen. Insofern hat es mich jetzt im Hinblick auf die Person Joseph Ratzinger nicht völlig überrascht, der Zeitpunkt aber schon.“

Wieso der Zeitpunkt?

„Es war noch vor kurzem angekündigt worden, dass Papst Benedikt die gesamte Osterliturgie zelebrieren wird, und da war ich davon ausgegangen, dass mindestens bis Ostern noch das Pontifikat andauert, vielleicht noch bis zum Geburtstag, vielleicht um die acht Jahre Pontifikat noch voll zu machen. Insofern war der Zeitpunkt sehr überraschend.“
Wie sehr hat denn die Unruhe an der Kurie, die in den letzten Monaten immer mehr den Weg in die mediale Öffentlichkeit gefunden hat, zur Müdigkeit Papst Benedikts beigetragen?

„Dass ihm diese Dinge nahegehen, ist offensichtlich, er ist ein sensibler, musischer Mensch, der das harte Geschäft des Regierens, in Anführungszeichen, nie so gern hatte. Er ist eben immer ein Denker, ein Professor, ein Theologe geblieben. Ich kann mir vorstellen, dass diese Ballung von Problemen, die aufgetreten sind, ihm sehr zugesetzt hat und viel Kraft gekostet hat. Andererseits muss man sagen, Joseph Ratzinger ist ein 86jähriger Mann, und wenn man von seiner Kindheit und Jugend ein wenig weiß, galt er immer als schwächlich und körperlich nicht wirklich stabil. Insofern ist es geradezu ein Wunder, wie lange er mit großer Agilität dieses Amt ausgeübt hat.“
Papst Benedikt wird, so wie das vor 700 Jahren Papst Coelestin mit seinem Rücktritt wollte, Mönch werden: Er will sich in das Klausurkloster in den Vatikanischen Gärten zurückziehen. Können Sie sich diesen Papst, den Alt-Papst gewissermaßen, als Mönch denken?

„Das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen. Er ist ja von Haus aus ein Studiosus und hat immer beklagt, schon als Kardinal, dass er viel zu wenig Zeit hat und es so viele schöne Dinge zum Lesen gäbe, die er gern eifriger studieren möchte. und das Schreiben war ja offensichtlich immer schon seine Passion. nicht zuletzt hat er ja als Pontifex ja auch bedeutende Bücher publiziert. Ich glaube, dass er jetzt sehr froh und dankbar dafür ist, dass er Zeit zum Lesen, zum Studieren und zum Beten hat.“
Werden Sie den Mönch in den Vatikanischen Gärten besuchen?

„Ich vermute, dass der zurückgetretene Papst – das ist ja ein Novum in der Geschichte in dieser Weise – ein sehr zurückgezogenes Leben führen wird und vielleicht auch nicht mehr allzu viele Besuche empfangen wird. Wenn ich noch einmal dazu käme, mit dem Heiligen Vater zu sprechen, würde mich das natürlich sehr freuen. Aber zunächst muss er sich, denke ich, sicher einmal einrichten in der neuen Situation.“

(rv 13.02.2013 gs)








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