2013-02-13 15:16:15

Verdienste um Ökumene und interreligiösen Dialog - die Würdigungen reißen nicht ab


Die Reaktionen auf die Rücktrittserklärung Benedikt XVI. und die Würdigungen für sein achtjähriges Pontifikat reißen nicht ab. Politiker, hochrangige Kurienmitarbeiter, aber insbesondere religiöse Führer und Vertreter der mit Rom verbundenen Kirchen und lokalen Bischofskonferenzen, drücken dem scheidenden Papst ihren Dank für seine Arbeit und ihren Respekt für seinen mutigen und wohlüberlegten Schritt aus.

Irlands Primas Sean Brady dankte dem Papst für seine Unterstützung und Entschiedenheit im Hinblick auf die Aufklärung der Missbrauchsfälle in seinem Land. Dabei würdigte er, dass der Papst effektive Strukturen in den Diözesen zur Missbrauchsprävention vorangetrieben habe. Der Präsident der kanadischen Bischofskonferenz, Richard Smith, unterstrich die Bedeutung der Worte von Papst Benedikt XVI. für das kanadische Volk, in denen er seiner Trauer und seinem Bedauern über die Grausamkeiten, die den Ureinwohnern Kanadas im Namen der Kirche angetan worden sind, Ausdruck gab. Anlässlich seines angekündigten Rücktritts haben die lateinamerikansichen Bischöfe Papst Benedikt XVI. ihre Erfurcht und ihren Respekt ausgedrückt. Der Erzbischof von Bogota in Kolumbien nannte die Entscheidung „tapfer und ehrlich“. Erzbischof Salvador Pineiro von der peruvianischen Bischofskonferenz sprach von einem historischen Augenblick, und lobte, dass der Papst „uns gezeigt hat, dass man schwach sein darf“. Auch aus Kuba, dem Land das Papst Benedikt XVI. im März 2012 besucht hatte, kamen warme Worte. Kardinal Jaime Ortega, Erzbischof von Havanna: „Der Rücktritt des Papstes ist eine unschätzbare Lektion in Demut“. „Der Papst bricht festgefahrene Muster wieder auf und scheut nicht der Welt zu verkünden, dass man schwach und müde sein darf. Nur eine große Liebe zu Jesus Christus, zu seiner Kirche, und eine große Demut, können einen solchen Schritt bewirken.“ Die mexikanische Bischofskonferenz in Person ihres Vorsitzenden Kardinal José Francisco Robles Ortega dankte dem Papst für seinen Einsatz für die Weltkirche und seine Zuneigung zum mexikanischen Volk, die sich insbesondere in seinem Pastoralbesuch im Jahr 2012 niedergeschlagen habe. Die Bischofskonferenzen von Brasilien, Ecuador und Peru zeigten Überraschung über den Schritt des Papstes, betonten aber ihre Anerkennung für die Entscheidung, in der eine profunde Demut zum Ausdruck komme. Sie versicherten Papst Benedikt ihres und des Gebets aller Katholiken in ihren Ländern. Die argentinische Bischofskonferenz würdigte insbesondere die Lehren, die Papst Benedikt der katholischen Welt hinterlassen hat.

Auch die Weltökumene - Orthodoxie, Protestantismus, Anglikanische Gemeinschaft und Weltkirchenrat - bekundeten tiefes Bedauern über den Rücktritt des Papstes. Wertschätzend über den Papst äußerten sich auch hochrangige Vertreter des Judentums und des Islam. In Moskau sagte der Außenamtschef der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion, seit dem Amtsantritt Benedikts XVI. gebe es in den Beziehungen zwischen der russisch-orthodoxen und der katholischen Kirche eine „positive Dynamik“. „Wir sind dankbar, dass Papst Benedikt XVI. die Probleme versteht, die eine volle Normalisierung der orthodox-katholischen Beziehungen behindern, insbesondere in den Regionen der westlichen Ukraine.“ Er hoffe, dass der Nachfolger von Benedikt XVI. denselben Weg weitergeht und die orthodox-katholischen Beziehungen sich zum Wohl der ganzen Christenheit weiterhin gut entwickeln, so Hilarion.


„Würde, Verständnis, Mut“


Der anglikanische Primas, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, sagte in London, er nehme den Amtsverzicht Benedikts „schweren Herzens, aber mit vollkommenem Verständnis“ zur Kenntnis. „Wir beten, dass Gott ihn im Ruhestand reich mit Gesundheit und Frieden im Geiste und Herzen segne", erklärte Welby. Benedikt XVI. habe seinen Dienst als Bischof von Rom mit großer Würde, mit Verständnis und Mut ausgeübt, so Welby weiter. Er danke Gott für das Wirken Ratzingers, der sein Leben „in Wort und Tat, in Gebet und wertvollem Dienst der Nachfolge Christi geweiht“ habe. Die anglikanische Kirche vertraue auf die Führung des Heiligen Geistes bei denen, die für die Wahl eines Nachfolgers verantwortlich seien.


Weltkirchenrats-Generalsekretär Olav Fykse Tveit sagte in Genf, Benedikt XVI. habe „große Hingabe für die Kirche und die ökumenische Bewegung“ gezeigt. „Ich habe mit tiefem Respekt gesehen, wie er die Verantwortung und die Bürde seines Amtes in seinem vorangeschrittenen Alter und in einer sehr fordernden Zeit für die Kirche getragen hat“, erklärte der ÖRK-Generalsekretär. Er rief Christen aller Konfessionen auf, für die römisch-katholische Kirche „in dieser sehr wichtigen Zeit des Übergangs“ zu beten. Der ÖRK-Generalsekretär erinnerte auch an die Verbundenheit Benedikt XVI. mit dem ökumenischen Kirchenrat. In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren war Joseph Ratzinger als Tübinger Theologieprofessor Mitglied der ÖRK-Kommission für Glaube und Kirchenordnung.


Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte in Hannover, er danke Benedikt XVI. „für alle theologischen Gespräche und Diskussionen“. Schneider erinnerte an sein Treffen mit dem Papst beim Deutschlandbesuch 2011 im Erfurter Augustinerkloster. In eindrucksvoller Weise habe Benedikt dort Luthers Frage „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ aufgeworfen. Schneider nannte es „bewegend“, dass der 85-jährige Papst sein Amt abgebe. Es gehöre zum „Maß des Menschlichen“, dass Ämter nur auf Zeit wahrgenommen werden und dass man ab einem bestimmten Lebensalter von allen amtlichen Pflichten befreit sei.


Der Prior der Taizé-Gemeinschaft, Frère Alois, erinnerte in seiner Botschaft an das große gemeinsame Gebetstreffen, das erst vor wenigen Wochen im Vatikan stattgefunden hatte, und die Aufmerksamkeit, die Papst Benedikt ihm und seiner ökumenischen Bewegung gewidmet habe. Die jungen Leute seiner Gebetsgemeinschaft, so habe der Papst ihm bei einem ihrer Treffen gesagt, seien auf das Wesentliche hingewandt. Auf seine Frage, was das denn sei, habe der Papst ihm geantwortet: Das persönliche Verhältnis zu Gott. Frère Alois würdigte das Pontifikat des Papstes außerdem als von enormer Glaubensstärke getragen und wies darauf hin, dass die Kirche nur auf diese Weise erkennen könne, wie sie in der heutigen Welt leben könne.

Zentralrat der Juden: „Neue Impulse und Herzlichkeit“


Der deutsche Zentralrat der Juden dankte dem Papst für seine Verdienste um die Versöhnung. Der Papst habe dem jüdisch-christlichen Verhältnis „neue Impulse verliehen und es mit Herzlichkeit erfüllt“, sagte der Zentralrats-Präsident Dieter Graumann am Montag in Berlin. „Couragiert hat er den Kurs der Annäherung und Freundschaft seines Vorgängers fortgesetzt. Dafür sind wir ihm sehr dankbar.“ Die Versöhnung mit dem Judentum sei „Benedikt XVI. ein ganz persönliches Anliegen“.


Graumann erinnerte an den Besuch des Papstes in der Kölner Synagoge im August 2005. Benedikt XVI. hatte seinerzeit im Rahmen einer Deutschlandvisite als erstes Kirchenoberhaupt eine Synagoge außerhalb Italiens besucht und war mit Spitzenvertretern des Zentralrats der Juden zusammengetroffen. „Der Papst hat das Gespräch mit der jüdischen Gemeinschaft ausdrücklich gesucht und in gegenseitiger Wertschätzung auch schwierige Themen nicht gemieden“, so Graumann.


Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Moshe Kantor, würdigte in Brüssel das Engagement Papst Benedikts XVI. für den interreligiösen Dialog. Jüdische Gemeinden schätzten die klare Haltung des Papstes gegen eine kollektive und individuelle Schuld der Juden am Tod Jesu, erklärte Kantor am Montag in Brüssel.


Nach Einschätzung des größten islamischen Dachverbands in Deutschland ist Papst Benedikt XVI. ein Förderer des Dialogs unter den Religionen. „Das interreligiöse Gespräch war ihm ein Anliegen, und so hat er zu verschiedenen Anlässen dessen Bedeutung ausdrücklich betont“, teilte die Türkisch-Islamische Union in Köln mit. Der Papst habe beim Weltjugendtag in Köln 2005 und 2011 in Berlin Gespräche mit Vertretern der Verbände der Muslime geführt. Für ihn seien Muslime selbstverständlich Teil der deutschen Gesellschaft.


(rv/kap 13.02.2013 cs)







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