2013-02-12 13:27:28

„Vaticanisti“ über Benedikt XVI.: „Offen und bescheiden“


Der angekündigte Rücktritt des Papstes hat selbst die „vaticanisti“, wie die Vatikanjournalisten in Italien genannt werden, überrascht. Staunen, Trauer, Bestürzung stand auf ihren Gesichtern, als sie am Montag die Nachricht vernahmen. Giovanna Chirri von der italienischen Nachrichtenagentur ANSA:


Die Nachricht kam wirklich vollkommen unerwartet, und wurde sogar mit einem gewissen Unglauben aufgenommen. Zuerst hat der Papst die Formeln für die Märtyrer von Otranto vorgelesen, dann hat er begonnen, feierlich auf Latein zu sprechen. Ich habe verstanden, dass er zurücktritt, aber ich wollte es nicht glauben. Es war sehr überraschend und hat mich sehr traurig gemacht... Ich habe versucht, eine Bestätigung zu bekommen, und als die kam, konnte ich nur noch weinen...“


Auch Roberto Monteforte von der italienischen Tageszeitung „L’Unita“ sah den Rücktritt nicht vorher:


Wir haben zwar gesehen, dass der Papst in keinem umwerfenden körperlichen Zustand ist, aber er ist ja auch schon 86 Jahre alt, da ist das nicht überraschend. Was er jetzt getan hat, war eine Entscheidung aus großer innerer Freiheit, die viel Mut erforderte, die eine große Achtung vor sich selbst und der Kirche zeigt.“


Gerade noch planten alle die Reise des Papstes nach Brasilien für den Weltjugendtag, nun kommt zuerst noch ein Konklave. Auch John Allen vom „National Catholic Reporter“ traf die Nachricht wie ein Blitz aus heiterem Himmel:


Es gab keine Vorzeichen. Im Gegenteil, es war geplant, dass er nach Brasilien reisen würde! Und die vielen anderen Projekte, Twitter... – das alles hat den Anschein von einem Papst erweckt, der noch viel Kraft hat!“


Vom Pontifikat von Benedikt XVI. wird den Journalisten nicht nur das revolutionäre Ende in Erinnerungen bleiben – darüber ist sich die Ansa-Journalistin Giovanna Chirri ganz sicher:


„Ich denke, er wird als einer der ,größten‘ Päpste betrachtet werden, in einer Linie mit den Kirchenvätern. Er war eine Person von so großer Demut und gleichzeitig mit einer großen Fähigkeit, über Gott mit den unterschiedlichsten Zielgruppen zu reden: mit Jugendlichen und Intellektuellen in der modernen Welt.“


Und Roberto Monteforte von „L’Unità“ ergänzt:


„Die Dynamik seines Glaubens, die Person, die Rationalität, die mit der Dimension des Glaubens verbunden werden musste, und daher auch eine Sprache, die für jeden verständlich war... und nicht zuletzt sein beharrlicher Aufruf zur Wahrung der menschlichen Dimension!


John Allen vom „National Catholic Reporter“ fügt an:


„Natürlich ist Benedikt ein großer Lehrer-Papst. Es war ein Pontifikat voller Lehren, über die Tiefe der christlichen Lehre, über die Rolle der Kirche, über die Menschen des Glaubens in der Postmoderne. Meiner Meinung nach, ist seine tiefe und intellektuelle Analyse des Schnittpunktes zwischen Glauben und Vernunft sein größter Beitrag.“


Benedikt war eine intellektuelle Figur, doch was dabei wirklich beeindruckte, war seine Demut und Einfachheit, findet der Journalist:


„Als Papst ist man eine globales Figur, ein ,Rockstar‘ in einem gewissen Sinn. Aber persönlich hatte ich immer den Eindruck, mit einer sehr einfachen, sanften Person zu sprechen. Er war sehr bescheiden, sehr offen, sehr normal.


(rv 12.02.2013 mw)








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