Einen Tag nach dem Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. laufen die Spekulationen um
Nachfolger auf Hochtouren. Ein müßiges Spiel, weil jedes Konklave für Überraschungen
gut ist. Mehr Substanz haben da schon die Anforderungen, die Kirchenvertreter an einen
neuen Papst stellen. Hier eine Zusammenfassung von der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Nach
Ansicht des Berliner Kardinals Rainer Maria Woelki sollte das nächste Kirchenoberhaupt
vor allem Seelsorger sein. Der künftige Papst müsse ein „Herz für die Menschen“ haben.
Es müsse ihm gelingen, „den Glauben in eine Sprache zu übersetzen, die Menschen heute
verstehen“.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert
Zollitsch, sträubte sich zwar im „Welt“-Interview, so kurz nach dem Amtsverzicht schon
einen Blick in die Zukunft zu werfen. „Wichtig wird es sein, dass der nächste Heilige
Vater seinen Dienst in Kontinuität zu seinen beiden Vorgängern sieht“, erlaubte er
sich dennoch einen Wunsch.
Kontinuität oder Kurswechsel? Der emeritierte Theologe
der Universität Nimwegen, Hermann Häring, drängt auf Reformen. Die größten Versäumnisse
Benedikts XVI. hätten „in der wachsenden Angst und dem wachsenden Misstrauen gegenüber
den kirchlichen Entwicklungen“ gelegen. Es sei dem Papst nicht gelungen, „mit dem
umzugehen, was wir Moderne nennen“, sagte er der „Südwest Presse“.
Für den
Münsteraner katholischen Theologen Karl Gabriel ist ein Kurswechsel jedoch sehr unwahrscheinlich.
„Der Vatikan wird auch in Zukunft viel Wert auf Kontinuität legen und das Zweite Vatikanische
Konzil - wie Benedikt XVI. - nicht als Umbruch, sondern als vorsichtige Reform deuten“,
sagte er. Die aus deutscher Sicht zentralen Fragen wie eine Reform „der zentralistischen
Struktur des Vatikans“, ein verändertes Verständnis des Bischofsamtes oder mehr Offenheit
bei Ökumene und Sexualethik blieben „wohl zunächst unerledigt“.
Auch der Tübinger
Theologe Hans Küng erwartet keinen katholischen Gorbatschow. Im Südwestrundfunk sagte
er, die Italiener seien durch Benedikt XVI. „wieder zu einer großen Macht im Kardinalskollegium
gemacht worden“. Das spreche für Kontinuität.
Diskussionsthema ist auch das
ideale Alter für den Benedikt-Nachfolger: Der Kölner Kardinal Joachim Meisner (79)
wünscht sich einen hochgebildeten Intellektuellen um die 70 Jahre. Er müsse „vor allem
von vitaler Gesundheit» sein, sagte er. Eine «Mischung aus Wojtyla und Ratzinger wäre
gar nicht schlecht.“ Auch Woelki hält ein Alter „zwischen Mitte 60 und Anfang 70“
für sinnvoll. Es sei nicht zwingend, einen jungen Papst zu wählen. „Ein Jüngerer bleibt
auch länger“, betonte er. Ein häufigerer Wechsel könnte für die Kirche sinnvoll sein.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) erhofft sich mehr Flexibilität:
ZdK-Präsident Alois Glück sagte, die Kirche müsse Vielfalt und Einheit besser ausbalancieren.
Notwendig sei mehr Freiraum für eigene Entwicklungen bei gleichen Grundsätzen in den
verschiedenen kulturellen Räumen.
Auf die Organisation der Weltkirche und
die Rolle der römischen Zentrale spielten auch ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper und
der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Bernhard Vogel (CDU)
an: Der künftige Papst müsse ein Kabinett um sich scharen, „wie das jeder Regierungschef,
jeder Bundeskanzler tut“, so Vesper. Auch Vogel forderte eine Modernisierung der Kurie
und regelmäßige Konferenzen aller Verantwortlichen: Dies sei dringend notwendig, damit
der weltweit tätige Apparat seine Aufgaben erfüllen könne.
Die Evangelische
Kirche in Deutschland (EKD) erhofft sich von einem neuen Papst Anstöße für die Ökumene.
Er wünsche sich, «dass wir gemeinsam darüber nachdenken können, wie wir aus den jeweiligen
Grundpositionen heraus doch am Tisch des Herrn zusammenkommen können» sagte der EKD-Ratsvorsitzende
Nikolaus Schneider.