Weltkrankentag: Ganzheitlichkeit bei AIDS heißt Schenken
Bei Gesundheit geht es um Ganzheitlichkeit. Was das im Blick auf AIDS bedeutet, wollte
Radio Vatikan von Pater Michael Czerny wissen, dem Gründungsdirektor des AIDS-Netzwerks
afrikanischer Jesuiten (AJAN). Er betont, dass AIDS als komplexes menschliches Problem
– und nicht als hauptsächlich medizinisches oder sexuelles – begriffen werden muss.
Gerade auch die Kirche dürfe die Menschen nicht darauf reduzieren, sondern müsse ganzheitliche
Antworten finden. Ein persönliches Gespräch mit einer AIDS-kranken Afrikanerin habe
ihn gelehrt, worauf es ankomme:
„Sie sagte mir zwei Dinge: ‚Wenn du mich
nächstes Mal besuchen kommst, bring mir ein Geschenk mit.’ Das heißt mit anderen Worten:
Nur weil es um AIDS geht, vergiss nicht, dass die Menschen hier viel Hilfe brauchen.
Also bring ein Geschenk mit – was ich vergessen hatte. Dann sagte sie noch, und das
ist noch wichtiger: ‚Und bete dafür, dass ich noch lebe, wenn du mich das nächste
Mal besuchen kommst.’ Für mich hat sie durch diese Worte – bring ein Geschenk mit
und bete für mich – auf den Punkt gebracht, was Menschen mit AIDS sich von der Kirche
wünschen: Bringt uns die Dinge, die wir brauchen und betet mit und für uns.“
Was
hilfreich ist, um Neuinfektionen einzudämmen, und was nicht, dazu hat Pater Michael
nach seiner langjährigen Arbeit in Afrika eine klare Meinung:
„Werbung für
Kondome und das Verteilen von Kondomen ist keine hilfreiche Vorsorge-Strategie. Das
heißt nicht, dass der Gebrauch von Kondomen, in einer bestimmten Beziehung, mit Disziplin
und mit Regelmäßigkeit die Wahrscheinlichkeit reduzieren kann, sich in dieser Beziehung
zu infizieren. Man kann das aber nicht verallgemeinern und sagen: Wenn für diese zwei
Leute in ihrer speziellen Situation ein Kondom hilfreich ist, verteilen wir also eine
Million Kondome und eine Million Paare werden geschützt sein.“
Durch die
Suche nach einer „technischen Lösung“ trage man dazu bei, Sexualität auf eine triviale
Sache zu reduzieren, die einfach zu kontrollieren sei und quasi „repariert“ werden
könne. Richtig sei aber, Sexualität im Zentrum einer liebenden, stabilen und Leben
schenkenden Beziehung zu sehen. Zentral sei in diesem Zusammenhang natürlich auch
Treue gegenüber dem Partner.
Nicht der Markt sollte die Methoden der
Hilfsarbeit bestimmen
Die katholische Kirche reduziere den Menschen
nicht alleine auf seine Sexualität oder auf eine medizinische Sichtweise, betont Czerny.
Auch deshalb sei die Kirche bei ihrer Arbeit kaum von finanziellen Mitteln abhängig.
Das habe den Vorteil, dass die Hilfsarbeit mitnichten ende, wenn das Geld wegbreche.
Dass zum Beispiel im Mai diesen Jahres ein Hilfsprogramm aus den USA für Südafrika
endet und damit verbundene Fördergelder fehlen, entmutigt den Pater nicht:
„Ich
bin sehr traurig darüber, dass die Fördergelder für die Bekämpfung von AIDS in Afrika
gestrichen werden, ich halte das für eine typische Ungerechtigkeit. Aber es ist nicht
die erste und wahrscheinlich auch nicht die letzte Ungerechtigkeit. Wir müssen jetzt
einfach mit unserer Arbeit weitermachen und sie verstärken. Das ist gar nicht so wahnsinnig
teuer, aber es sind sehr, sehr viele Leute daran beteiligt: Nicht nur Priester und
Schwestern, sondern auch sehr viele Laien in den Gemeinden, in der Nachbarschaft,
in Schulen, auf dem Land… Sie alle kümmern sich um ihre Nachbarn und tun im Grunde
nur das, was Christus für sie tut: Sie haben keine Berührungsängste, sie umarmen sich,
sie helfen den Kranken Heilung zu finden und wieder Hoffnung im Leben zu haben, auch
wenn sie diese sehr schlimme Krankheit haben.“