Der Vatikan hat Pakistan um Gnade für die wegen „Blasphemie“ zum Tode verurteilte
Christin Asia Bibi gebeten. „Ich bitte Sie, denken Sie an sie wie an eine Schwester,
eine Tochter Abrahams, unseren gemeinsamen Vater im Glauben“, heißt es in einem Schreiben
vom Vize-Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Roger Etchegaray, an den pakistanischen
Präsidenten Asif Ali Zardari. Eine Gnadengeste für Bibi hätte eine enorme Bedeutung
für den christlich-islamischen Dialog und die Versöhnung zwischen beiden Religionen,
so der Kardinal in seinem Schreiben, das die italienische katholische Tageszeitung
„Avvenire“ am Dienstag auf der ersten Seite abdruckte. Seit ihn Papst Johannes Paul
II. 1986 mit der Organisation des interreligiösen Gebetstreffens in Assisi beauftragt
habe, frage er sich, wie Christen und Muslime brüderlich zusammenleben könnten. Als
die beiden größten Religionen der Welt könnten sie es sich nicht leisten, einander
weiter zu ignorieren oder gar zu bekämpfen, so der 90-jährige Etchegaray.
Asia
Bibi, Mutter von fünf Kindern, war 2010 von einem pakistanischen Gericht aufgrund
des „Blasphemie-Gesetzes“ zum Tod durch den Strang verurteilt worden, weil sie während
eines Streits angeblich den von Muslimen als Propheten verehrten Religionsstifter
Mohammed geschmäht hatte. Sie sitzt bis heute in Haft. Zahlreiche internationale Gnadenappelle
blieben bisher ohne Erfolg. Auch Papst Benedikt XVI. setzte sich erfolglos für Asia
Bibis Freilassung ein. Pakistans umstrittenes Blasphemie-Gesetz ist im Strafgesetzbuch
des südasiatischen Landes verankert. Es verbietet die Beleidigung jeder Religion,
wird aber in der Praxis bei - oft nur angeblicher - Herabsetzung des Islam angewandt.
Die schwersten Strafen können bei der Schändung des Koran (lebenslange Haft) und des
Namens des Propheten Mohammed (Todesstrafe) verhängt werden. Religiöse Minderheiten
wie etwa Christen werden überproportional oft angeklagt.