In die Debatte um Erzbischof Gerhard Ludwig Müller greift nun ein hochrangiger jüdischer
Geistlicher ein. Müllers Äußerung sei „böswillig“ interpretiert worden, sagte Rabbi
David Rosen aus Jerusalem nach einem Bericht der „Berliner Morgenpost online“. Müller,
der die vatikanische Glaubenskongregation leitet, hatte in einem Interview mit der
Zeitung „Die Welt“ eine aufkommende „Pogromstimmung“ gegen die Kirche in Europa und
Nordamerika beklagt. Das war auf heftige Kritik u.a. der FDP-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
und der Grünen-Politikerin Claudia Roth gestoßen. Rosen, der das amerikanisch-jüdische
Komitee für interreligiöse Angelegenheiten leitet, nahm Erzbischof Müller gegen den
Vorwurf in Schutz, dass er einen Holocaust-Vergleich angestellt habe. „Kein Vergleich
mit den Grausamkeiten der Schoah ist je angemessen“, sagte Rosen. „Ebenso klar ist
für jeden vernünftigen Menschen, der die Worte Erzbischof Müllers nachliest, aber
auch, dass ein solcher Vergleich keineswegs in dessen Absicht war. Dies dem Interview
zu entnehmen, kann nur das Ergebnis einer böswilligen Absicht sein.“
Der Vize-Präsident
des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, empfahl Erzbischof Müller
hingegen, den Vergleich schnellstmöglich zurückzunehmen. Es könne zwar sein, dass
manche kritischen Äußerungen gegenüber der katholischen Kirche oder einzelnen Würdenträgern
überzogen sein mögen, sagte Schuster. Wenn Müller diese Kritik aber mit einer Pogromstimmung
vergleiche, „dann hat er offensichtlich nicht verinnerlicht, was ein Pogrom bedeutet“,
sagte Schuster in Würzburg. Ein solcher Vergleich sei „bei allen ehrbaren Motiven
in der neuen Funktion des Erzbischofs nicht zu akzeptieren“. Als einer der höchsten
Würdenträger der katholischen Kirche „wäre er gut beraten, seine Aussage umgehend
öffentlich zu korrigieren“, betonte Schuster, der auch Präsident der Israelitischen
Kultusgemeinden in Bayern ist.