2013-01-31 13:50:42

Heimlich, heimlich: Wenn Muslime Christen werden...


RealAudioMP3 Meist geschieht es heimlich, und Statistiken sind nirgendwo zu bekommen: Doch immer wieder kommt es vor, dass Muslime in Deutschland zum Christentum übertreten. Diese Fälle will nun der Islamwissenschaftler Jörn Thielmann genauer erforschen. Er gehe davon aus, dass jedes Jahr einige hundert Muslime in der Bundesrepublik den Schritt zum Christentum wagen, so Thielmann im Gespräch mit Radio Vatikan. Über dem Abfall vom Islam liegt ein Tabu, schließlich wird er in vielen Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit schwer bestraft.

„Es gibt kaum Forschungsliteratur zur Konversion von Muslimen aus dem Islam zu anderen Religionen, sei es jetzt zum Christentum oder irgendwelchen anderen Religionen, oder gar zu Atheismus oder Agnostizismus. Das heißt, meine Beobachtungen sind bislang Impressionen aus meiner allgemeinen Forschungstätigkeit zu Muslimen in Deutschland und Europa. Allerdings gibt es jetzt seit neuerer Zeit Forschung zur Konversion von Muslimen in Algerien. Vor allem dort schließen sich Muslime zunehmend Pfingstkirchen oder sonstigen evangelikalen Freikirchen an. Und das ist der Kirchenbereich, der auch in Deutschland und Europa am stärksten angesprochen wird – oder der am stärksten Muslime anspricht. Wobei man allerdings keine verlässlichen Zahlen nennen kann.“

Es seien vor allem Asylbewerber, und hier insbesondere politische Flüchtlinge aus Iran, die in Deutschland Christen werden wollten, so Thielmann weiter.

Vor allem Schiiten aus dem Iran

„Nichtsdestotrotz würde ich nicht sagen wollen, dass die Konversion zum Christentum im Kontext von Deutschland sozusagen Opportunismus und instrumentell ist, sondern ich glaube, dass die überwiegende Zahl von (vor allem schiitischen) Muslimen, die zum Christentum konvertiere (und dann allerdings eher in die Freikirchen) getrieben ist von einem intensiven religiösen Bedürfnis. Also, dass sie intensive religiöse Praxis wollen, dass sie religiöse Gruppenerlebnisse wollen, und dass sie allerdings keine politische Instrumentalisierung der Religion wünschen, wie sie die ja alle im Iran erlebt, erfahren und erlitten haben.“

Die katholischen Bistümer, aber auch die evangelischen Landeskirchen thematisieren diese Konversionen nicht groß, fügt der Islamwissenschaftler an.

„Was da immer ein Problem ist: Die Tatsache, dass man zum Islam sehr schnell und sehr einfach konvertieren kann. Man spricht das islamische Glaubensbekenntnis aus, vor Zeugen, und das war es. Da ist natürlich bei beiden großen christlichen Strömungen, sowohl bei der katholischen Kirche als auch bei den evangelischen Kirchen, der Weg etwas länger hin zur Taufe – das erfordert Unterricht, das erfordert Vorbereitung, und damit müssen Muslime, die Christen werden wollen, erst einmal klarkommen. Dass es sozusagen nicht genauso schnell geht, dass ihre Entscheidung „ich möchte Christ werden“ nicht innerhalb von wenigen Minuten in die Tat umgesetzt werden kann.“

Übertretende nicht unter Verdacht stellen

Allgemein sei es eine große Herausforderung, das Thema Übertritte vom Islam zum Christentum zu erforschen, so Thielmann.

„Aus der Forscherperspektive ist es natürlich in diesem Kontext schwierig, überhaupt einen Feldzugang zu finden. Das heißt, Menschen zu finden, die überhaupt bereit sind, über diesen Prozess, diese Entwicklung vom Islam hin zum Christentum zu erzählen. Und was ich mir auch wünschen würde ist, dass die christlichen Gemeinden diejenigen, die diesen Schritt vom Islam hin zum Christentum tun, auch aufnehmen und nicht von vornhinein unter den Verdacht stellen, dass diese Konversion sowieso nur instrumentell sei. Also um beispielsweise Asyl zu erhalten.“

(rv 31.01.2013 mg)








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