2013-01-30 14:14:50

Über den Dächern von Rom


RealAudioMP3 Über den Dächern von Rom, nur ein paar Schritte von der berühmten Spanischen Treppe entfernt, ziert ein neues Schmuckstück der Architektur die Ewige Stadt: der neue Bau der Bibliotheca Hertziana, dem Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom. Von außen nicht zu erkennen, entfaltet sich hinter einer hell getünchten Renaissancefassade die größte Kunstgeschichtliche Bibliothek der Stadt. Sie eröffnet am Donnerstag, nach zehnjähriger Bauzeit, ihre Pforten für das Fachpublikum.

Die Direktorin der Bibliothek, Elisabeth Kieven, erzählt im Interview mit Radio Vatikan von der aufregenden Baugeschichte und auch von den Verbindungen zum Vatikan.

Mitte der 90er Jahre musste der alte Bibliotheksbau aus den 60er Jahren abgerissen werden, doch ein Neubau ist in Rom schwierig. Überreste der Antike verhindern erfolgreich den Fortbau der U-Bahn, und es ist fast unmöglich eine Baugenehmigung zu bekommen. Mit viel Glück gestattete der damalige Bürgermeister Roms, Francesco Rutelli, aber das Projekt. Elisabeth Kieven erinnert sich:

"Es war schon ein Abenteuer, denn es mussten die beiden Außenfassaden der Bibliothek zur Via Sistina und zur Via Gregoriana stehen bleiben; wir konnten nicht tiefer gehen, als wir vorher schon waren, also über zwei Kellergeschosse ging es nicht hinaus, weil unter uns die archäologische Zone der Villa des Lukull ist, und wir konnten nicht höher hinaus, weil das der Bebauungsplan verbietet. Dann kam das große Problem, wie fundamentiert man über einer archäologischen Zone, die eigentlich nicht gestört werden darf?"

Die Lösung: Auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Grundstücks sind rund 180 Mikropfähle bis zu 50 Meter tief eingelassen worden. Diese halten ein Trägergeschoss. Auf diesem ruhen alle darüberliegenden Geschosse. So konnte der Raum darunter frei bleiben.

"Das heißt, wir konnten gleichzeitig bauen und die archäologischen Grabungen unten durchführen. Weil das zweite Kellergeschoss erst nach Abschluss der archäologischen Grabungen angehängt worden ist. Also, in gewisser Weise schweben wir hier über dem römischen antiken Untergrund."

Es schweben auch die Hunderttausenden Bücher, denn in erster Linie ist die Bibliotheca Hertziana ein geisteswissenschaftliches Forschungsinstitut. Sie ging 1912 aus einer Stiftung der deutschen Mäzenin Henriette Hertz an die damalige Kaiser Wilhelm Gesellschaft hervor, daher Bibliotheca Hertziana. Heute beherbergt sie 800.000 Photos und 300.000 Bücher. Damit ist sie in Rom die größte kunsthistorische Bibliothek zu der Kunst Italiens, und auch weltweit eine der renommiertesten. Kieven selbst ist Mitglied des Päpstliches Komitees für Geschichtswissenschaften, aber auch die Bibliothek pflegt enge Beziehungen zum Heiligen Stuhl:

"Die Bibliotheca Hertziana hat immer sehr gute Beziehungen zum Vatikan unterhalten, natürlich zur Bibliotheka Apostolica Vaticana, zum Geheimarchiv. Das sind ja für uns auch wunderbare und ganz wichtige Orte der Forschung. Ich möchte daran erinnern, dass unser erster Direktor Ernst Steinemann eine wunderbare Publikation zur Capella Sistina veröffentlicht hat, die auch zum ersten Mal eine komplette photographische Dokumentation der Capella Sistina erhielt. Er hat ein Exemplar seiner Publikation damals persönlich Papst Leo XIII. überreicht, und zwar im Auftrag von Kaiser Wilhelm II., denn der Deutsche Reichstag hat damals diese Publikation mit 70.000 Reichsmark unterstützt."

Für Elisabeth Kieven kann die fundamentale Bedeutung der Päpste für die kunstgeschichtliche Entwicklung der Stadt Rom kaum genug gewürdigt werden.

"Wir haben immer wieder natürlich auch mit den Vatikanischen Museen sehr gute Kontakte, denn was die Päpste als Auftragsgeber hinterlassen haben, ist ja ein ungeheures Kulturerbe auf so hohem Niveau, das gehört zum Besten, was es überhaupt gibt, und ist für uns natürlich ein wunderbares Arbeitsfeld. Das muss man ja auch sagen: Rom ist für Kunsthistoriker aufgrund der Tätigkeit der Päpste das schönste Ziel, das man sich für seine Arbeit überhaupt denken kann."

Die Bibliothek ist nicht frei zugänglich, denn sie soll ja in erster Linie ein Ort des Studiums sein. Elisabeth Kieven plant aber geführte Besichtigungstouren.

(rv 29.01.2013 mw)







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