2013-01-30 10:34:11

Sinai: Das vergessene Drama


RealAudioMP3 Sie suchen Arbeit und einen Job in Israel, doch stattdessen werden auf dem Weg dorthin Frauen vergewaltigt und Männer malträtiert – das ist die Realität vieler eritreischer Flüchtlinge im Sinai. Comboni-Schwester Azezet Kidane kennt diese Schicksale, denn sie steht schon seit Jahren an der Seite dieser Menschen. In einer Klinik in Jaffa, in Israel, kümmert sie sich um die afrikanischen Flüchtlinge, von denen die meisten Christen sind. Für ihren Einsatz wurde die Comboni-Schwester, die selbst aus Eritrea stammt, im Jahr 2012 sogar vom Außenministerium der Vereinigten Staaten als „Heldin im Kampf gegen Menschenhandel“ ausgezeichnet. Im Gespräch mit dem „Franciscan Media Center“ berichtet sie:

„Es sind etwa 45.000 Christen unter den Flüchtlingen, wenige sind Muslime aus Darfur, die andren sind alle Christen. Ich gehe drei Mal pro Woche in das Flüchtlingslager für Frauen und telefoniere jeden Tag mit ihnen – tagsüber genauso wie nachts. Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie mich an. Auch grade eben wieder haben sich drei bis vier Leute bei mir gemeldet.“

Was sie der Schwester anvertrauen, sind Geschichten voller Gewalt und Leid: Im Sinai werden Flüchtlinge von Menschenhändlern gefoltert, entführt, vergewaltigt und teilweise sogar getötet, wie Menschrechtsorganisationen berichten. Werden die Entführten nicht frei gekauft, drohen die Beduinen mit der Entnahme von Organen, die sie dann weiterverkaufen.

„Ihre Glaubensstärke ist unglaublich groß: Trotz all des Leids, dass sie durchgemacht haben, trotz all der hoffnungslosen Situationen und der Scham, die sie erlebt haben – zum Beispiel durch sexuelle Gewalt-; sie sagen: Der Herr war immer bei mir. Der Glaube begleitet sie durch alles.“

In der Klinik versorgt Schwester Azezet die Flüchtlinge und setzt sich mit all ihrer Kraft dafür ein, ihnen zu helfen. Eine Lebensgeschichte hat sie dabei besonders berührt:

„Eine Frau, die vergewaltigt wurde, sie heißt Gennet, kam zu uns. Sie hat das Kind bekommen und es Emanuele getauft. Dazu erklärte sie: ‚Dieses Kind ist ein Geschenk Gottes.’ Gennet war nicht wütend auf das Kind, sondern sie nahm es als Geschenk Gottes an. Das ist für mich ein Weg des Glaubens.“

Unvorstellbares Leid

Oft bleibt es übrigens nicht bei der Drohung, den Flüchtlingen Organe zu entnehmen – Menschenrechtler hatten in einer Leichenhalle des Hospitals von Al Arish, der Provinzhauptstadt im Norden des Sinais, Verstorbene aufgefunden, deren Körper in der Mitte oder an der Seite aufgeschnitten und mit großen Stichen wieder zugenäht worden waren – alle verwertbaren Organe, sogar die Augenlinsen, waren entfernt worden. Ägypten scheint nach Kenntnissen der Weltgesundheitsorganisation WHO die regionale Drehscheibe des makabren Geschäfts zu sein, von dem die Schwächsten der Gesellschaft betroffen sind. Zahlreiche Reportagen über das Thema haben die Problematik mittlerweile auch im öffentlichen Bewusstsein ankommen lassen - Der Menschrechenrechtsausschuss des deutschen Bundestag will sich nun am kommenden 20. Februar mit dem Thema beschäftigen.

(rv/Franciscan Media Center/Tagesspiegel 30.01.2013 sta)








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